Wahnsinnssaison endet nach Drama in fünf Akten
Sonntag: Saisonabschlussfeier im Heinrich – das Wirtshaus
Leere in den Gesichtern, hier und da Tränen, Umarmungen und die schmerzhafte Gewissheit: Nach einer epischen Viertelfinalserie gegen die FIT/One Würzburg Baskets endete die unfassbare Saison der Basketball Löwen Braunschweig heute im entscheidenden fünften Spiel – und passend zur Serie in einem weiteren Krimi nach Verlängerung mit 88:97 (27:45; 77:77). Es war der Höhepunkt einer umkämpften, intensiven und spannenden Serie, bei dem die mitreißende Kulisse von 5.987 Zuschauenden in der heimischen Volkswagen Halle zwei Löwen-Halbzeiten mit unterschiedlichen Gesichtern erlebte. Nach einer ersten Halbzeit, in der wenig zusammenlief und einem daraus resultierenden 22-Punkte-Rückstand (22. Min.) kämpfte sich das Team von Headcoach Jesús Ramírez mit unfassbarem Willen, starker Verteidigung und angepeitscht von den Fans zurück. Die Löwen hatten den Sieg bei noch zehn verbleibenden Sekunden eigentlich schon in der Tasche (77:74). Doch es kam anders: Sie verloren den Ball und kassierten mit Ablauf der Uhr einen Dreier zur Verlängerung, in der sie schließlich den Kürzeren zogen. Damit ist die sensationelle sowie überaus erfolgreiche easyCredit BBL-Saison der Löwen beendet und ein emotional ergriffener Jesús Ramírez sagte nach dem Spiel: „Ich bin sehr stolz auf diese Saison und auf die Spieler.“
Der Löwen-Headcoach und das Team freuen sich diesen Sonntag (1. Juni 2025) darauf, noch einmal gemeinsame Zeit mit den Fans zu verbringen und die Spielzeit Revue passieren zu lassen: Dann findet die Abschlussfeier im Heinrich – das Wirtshaus (Jasperallee 42 in 38102 Braunschweig, im Stadtpark) statt. Beginn der Veranstaltung ist um 16:00 Uhr geplant, weitere Informationen folgen am Freitag.
Das Spiel begann nicht schlecht: Die Mannschaft von Jesús Ramírez zeigte sich in den Anfangsminuten fokussiert, präsentierte sich mit guter Defense und ging mit 4:0 in Führung. Doch dann übernahm MVP Jhivvan Jackson das Kommando, netzte gleich zweimal von jenseits der Dreierlinie ein – insgesamt traf Würzburg im ersten Viertel fünf Dreier. Die Würzburger wirkten ab diesem Zeitpunkt mit jeder weiteren Spielminute selbstbewusster, waren gefühlt immer einen Schritt schneller und ließen den Löwen mit ihrer Defense wenig Luft zum Atmen. Das Ramírez-Team hatte dem zu diesem Zeitpunkt nur wenig entgegenzusetzen. Zwar holte es sich Rebounds, aber die Trefferquote war mit 33 Prozent schwach. Immer wieder wurden Dreier genommen, die allesamt ihr Ziel verfehlten. Aber auch Korbleger wurden danebengelegt und obendrein verloren die Löwen 7-mal den Ball. Würzburg bestrafte das, spielte konsequent und zog weg. Die Löwen lagen nach 10 Minuten mit 10:23 hinten.
Und es sollte erst einmal kein Herankommen folgen, stattdessen war das Gegenteil der Fall. Bei den Löwen lief nicht viel zusammen. Sie wirkten erschöpft von der Serie und der Saison, der Ball wurde wenig bewegt und selbst Fastbreaks blieben ungenutzt. Aber nicht nur das – auch defensiv fehlte die Energie. Dennoch: In der 14. Minute setzte Sananda Fru mit einem unglaublichen Dunk nach einem Ballgewinn ein Statement: 17:28! Sollte das Auftrieb geben? Nein. Würzburg um seine Anführer Zac Seljaas und Jhivvan Jackson dominierte weiterhin und setzte sich durch Dreipunktespiele auf 27:44 zur Halbzeit ab. Eine nur 36-prozentige Trefferquote, darunter 0/9 Dreier sowie elf Ballverluste sprachen eine deutliche Sprache, wenngleich das Ramírez-Team sich auch zehn Offensiv-Rebounds griff.
Würzburg lag verdient vorne und setzte seinen Höhenflug zurück auf dem Parkett zunächst fort. Daran hatten die Löwen ihren Anteil, die innerhalb von einer Minute vier Fouls kassierten, darunter ein Unsportliches gegen Barra Njie. Die Folge: Nach einem Rückstand von zwischenzeitlich 22 Punkten (28:50, 22. Min) schien das Spiel entschieden. Doch eine Auszeit von Headcoach Ramírez brachte den Umschwung. Die Löwen warfen plötzlich alles rein. Sie legten den Schalter um, verteidigten mit Leidenschaft, attackierten den Korb entschlossener und fanden durch einen 12:0-Lauf ins Spiel zurück. Angeführt von einem überragenden Sananda Fru und beflügelt vom lautstarken Support der Fans stand es nach einem krachenden Alley-Oop von Luka Ščuka plötzlich nur noch 52:56 – die Halle kochte. „Ich glaube, ich habe in meiner Karriere noch nie ein Spiel mit so vielen Ups und Downs erlebt“, beschrieb Ferdi Zylka später diese Partie.
Und was dann geschah, hätte nach der ersten Halbzeit wahrscheinlich niemand in der Halle für möglich gehalten. Die Löwen blieben dran, kamen zweimal auf einen Punkt heran, ehe Barra Njie per Tip-In die Führung erzielte (70:68, 37. Min). Nach diesem Comeback schien alles angerichtet für das Märchen-Ende. Doch in dieser Serie war kein Platz für einfache Geschichten. Fünf Sekunden vor Schluss, nach eigenem Einwurf und 77:74-Führung, verloren die Löwen den Ball. Jackson wurde zunächst noch geblockt – doch der Ball landete nach einem Offensiv-Rebound bei Hannes Steinbach. Der Würzburger drückte ab und traf. Es war sein erster erfolgreicher Dreier in der gesamten Serie: 77:77 – Verlängerung.
Dort erwischte Würzburg den besseren Start und zog auf 84:93 davon. Ein letzter Dreier von Arnas Velička ließ nochmal Hoffnung aufkeimen, doch es reichte nicht mehr. Die Gäste um Mike Lewis II und Steinbach spielten es souverän zu Ende.
Die Enttäuschung nach dieser 88:97-Niederlage war riesig. Aber es überwog auch der Stolz. Stolz auf eine Löwen-Mannschaft, die sich trotz schwieriger erster Halbzeit mit unglaublichem Willen zurück ins Spiel kämpfte. Eine Mannschaft, die über sich hinauswuchs, die Fans mitriss und über die Saison hinweg begeisterte. Sananda Fru brachte es auf den Punkt: „Das Ende ist zwar etwas traurig und unglücklich, aber es war eine der besten Saisons, die Braunschweig jemals gespielt hat. Das Team kann stolz auf sich sein. Ich habe gefühlt jeden Tag und jedes Spiel mit diesen unglaublichen Jungs und dieser Truppe genossen. Ich bin auch unseren Fans sehr dankbar, die uns die ganze Saison unterstützt haben.“
Trainerstimmen zum Spiel
Jesús Ramírez (Basketball Löwen Braunschweig): „In diesem Moment ist es mir egal, was heute in diesem Spiel passiert ist oder entscheidend war. Ich bin sehr stolz auf diese Saison und auf die Spieler. Natürlich tut es weh und ich denke, wir hätten mehr erreichen können. Vor allem die Art und Weise, wie es gelaufen ist, schmerzt sehr. Aber wenn ich jetzt auf die gesamte Saison zurückblicke, auf unsere Preseason in China und darauf, wie wir uns ab dem Zeitpunkt entwickelt haben, dann bin ich einfach nur stolz und glücklich, und: Wir werden weitermachen.“
Sasa Filipovski (FIT/One Würzburg Baskets): „Zuerst möchte ich Braunschweig gratulieren. Sie haben eine sehr gute Mannschaft, sind ein unangenehmer Gegner und haben eine starke Saison gespielt. Wir sind gut in das Spiel gestartet und haben in der ersten Halbzeit sehr gut exekutiert und fokussiert gespielt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann die Kontrolle abgegeben und auch unser Selbstvertrauen verloren. Das war eine sehr schwierige Situation und extrem gefährlich. Wir haben es dann durch den Dreier von Hannes Steinbach in die Overtime geschafft und da es ist uns gelungen, das Spiel am Ende für uns zu entscheiden. An dieser Stelle aber auch noch einmal mein Kompliment an die tolle Stimmung, die heute in der Volkswagen Halle kreiert worden ist. Aber natürlich auch ein riesiger Glückwunsch an meine Mannschaft. Ich bin sehr glücklich darüber, mit dieser Mannschaft zusammenarbeiten zu können, die zu einem sehr starken Team zusammengewachsen ist. Ich bin stolz auf die Jungs und sehr froh, dass wir ins Halbfinale eingezogen sind.“
Basketball Löwen: Crockett Jr. 13 (5 Assists), Schröder n.e., Mitchell 8, Ščuka 14 (8 Rebounds), Zylka 3, Velička 19 (6 Assists), Fru 21 (15 Rebounds), Flanigan 8 (9 Rebounds), Njie 2, Bom n.e. Kalu n.e., Schilling.
FIT/One Würzburg Baskets: Lewis II 14, Seljaas 24 (8 Rebounds), Kone 4, Ugrai 2, Steinbach 20 (10 Rebounds), Skladanowski n.e., Bleck 1, Phillips 4, Mintz 4, Wank 3, Dawkins n.e., Jackson 20 (4 Assists).
Quelle: PM 29.05.2025