Bully macht Ernst
Bully spricht im C1 über seinen ersten Thriller
Seinen Ruf als sympathischer Komiker hat Michael Bully Herbig aus der TV-Comedyshow BULLYPARADE. Mit Kinofilmen wie DER SCHUH DES MANITU (2001) und (T)RAUMSCHIFF SURPRISE PERIODE 1 (2004) landete er brechend komische Kassenschlager, die die ganze Familie im Kino begeisterten und ihm zahlreiche Preise einbrachten. Mit seinen legendären Parodien, Rollen und seiner Vorliebe für ulkige Dialekte macht er sowohl Groß als auch Klein froh!
In seinem neuesten Kinofilm aber wird er ungewohnt ernst. Der deutsche Thriller "Ballon" handelt von einer der spektakulärsten Fluchtversuche aus der DDR via mehrerer, selbstgebauter Heißluftballons - eine wahre Geschichte! Nach eigenen Aussagen hat den gebürtigen Münchner die Geschichte schon damals, mit elf Jahren, tief beeindruckt. Als er fünfzehn war, flimmerte dann die erste Verfilmung von Disney (NIGHT CROSSING; deutscher Titel MIT DEM WIND NACH WESTEN, 1982) über die Leinwände. Seitdem hätte er immer wieder an diese unglaubliche Geschichte denken müssen. Rund drei Jahrzehnte später kristallisierte sich dann mehr und mehr der Wunsch heraus, diese deutsche Geschichte, als Regisseur noch einmal deutsch und neu zu erzählen.
Eine große Herausforderung. Zuerst machten ihm die Filmrechte, die damals komplett und auf Lebenszeit an Disney verkauft worden waren, einen Strich durch die Rechnung. Als er sie sich doch mit Hilfe seiner Kontakte zu Hollywood sichern konnte, stand für ihn fest: das Ganze kann nur gemeinsam mit den echten Familien stattfinden. Eine hochsensible Angelegenheit, denn Familie Strelzyk und Familie Wetzel sind inzwischen in ihren Siebzigern. Doch wie durch ein Wunder, stimmten sie zu.
Das Ergebnis ist ein zweistündiges, von der ersten bis zur letzten Sekunde packendes Drama. In der Mischung aus echten, unglaublichen Schicksalen, sorgsam ausgewählten Darstellern und akribisch durchdachten Szenen wird "Ballon" zur Zeitreise mit Gänsehautgarantie.
Kurz vor seiner Fragestunde im Anschluss an die Kinovorstellung letzten Sonntag, verrät Bully, was er über Braunschweig denkt, welches seine Lieblingsszene ist und, dass er, obwohl er nicht persönlich dabei sein konnte, über die Standing Ovation nach der Weltpremiere am 12. September im Mathäser Filmpalast in München sehr erleichtert und glücklich war. Das größte Kompliment nach Bully war aber, dass die echten Strelzyks und Wetzels nach der Premiere Tränen in den Augen hatten.
In einem kleinen Gruppeninterview konnten wir dem Regie-Star noch ein paar Fragen stellen:
Was viele nicht wissen, du hast als Anrufbeantworter-Sprecher damals angefangen? Was kann man sich darunter vorstellen?
Nachdem ich eine Fotografenausbildung gemacht hatte, war mein Plan A, mich auf der Filmhochschule in München zu bewerben. Ich wurde aber nicht genommen. Weil ich mich grundsätzlich für Bild und Tontechnik interessierte, mietete ich mir daraufhin kurzerhand ein Tonstudio an, weil wir eine Marktlücke - Anrufbeantwortertexte - entdeckt hatten. Zusammen mit Rick Kavanian habe ich dann Stimmen imitiert und Bandansagen eingesprochen. Geld verdient haben wir damit nicht wirklich, aber Radio Gong holte mich damals als Jungunternehmer ins Studio, weil die diese Idee so abgefahren fanden. Und ich muss einen guten Eindruck hinterlassen habe, die haben mich gleich dabehalten.
Also würden Sie sagen, dass man, wenn man beim Radio ist noch etwas werden kann?
Ja, auch aus einem Radiomoderator kann noch was werden (lacht).
Wie ist Ihnen die hervorragende Umsetzung von dem Gefühl in der DDR ständig beobachtet zu werden, gelungen?
Maßgeblich hat die lange Zeit eine Rolle gespielt. Über die letzten fünf bis sechs Jahre Filmplanung konnte ich mich nach vielen und langen Gesprächen mit Zeitzeugen immer besser in das ständige "Horch- und Guckgefühl" hineinversetzen, bis es sich beim Dreh richtig anfühlte.
Besonders hier in Braunschweig, wo viele die DDR selbst noch erlebt haben, wurde der Film sehr positiv aufgenommen. Was bedeutet das für Sie als Regisseur?
Wenn Menschen, die diese Welt selbst noch erlebt haben, sagen, dass es wirtlich so war - dann ist das in der Tat das größte Kompliment!
Was war die schwierigste Szene?
Die Ballonszenen. Wir waren genau wie in der echten Geschichte auch für die Dreharbeiten auf das richtige Wetter angewiesen. Keine einfachen Bedingungen: Kälte, Dunkelheit und die kleinen Kinder, weshalb unsere Zeitfenster immer knapp bemessenen waren. Da war ich froh, als wir das im Kasten hatten.
Was ist deine Lieblingsszene?
Viele, aber die Kindergartenszene lag mir schon sehr am Herzen. Diese Szene zeigt ganz deutlich, dass nicht alles schwarz-weiß war.
Hat der echte Stasi-Nachbar damals wirklich nichts mitbekommen?
Nein. Obwohl die Wetzels wirklich auffällig oft bei den Strelzysk ein und ausgegangen sind, haben sie mit Fake-Reparaturen und allen möglichen Tricks das Ganze wirklich clever durchgezogen.
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg mit BALLON.
Ein Beitrag von Kathrin Rieck für BS-Live!