Sonderausstellung: „… denen mitzuwirken versagt war“
Ostdeutsche Demokraten in der frühen Nachkriegszeit
Ab dem 18. September 2024 ist im Bürger Museum Wolfenbüttel die Sonderausstellung mit dem Titel „… denen mitzuwirken versagt war.“ Ostdeutsche Demokraten in der frühen Nachkriegszeit zu sehen. Die Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erzählt die exemplarischen Geschichten von 30 Frauen und Männern, die sich nach 1945 in der sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR mit viel Mut für einen demokratischen Neubeginn einsetzten – und dafür einen hohen Preis zahlten.
Im Jahr 2024 jährte sich die doppelte deutsche Staatsgründung zum 75. Mal. Während in der Bundesrepublik mit dem am 23. Mai 1949 verkündeten Grundgesetz der Grundstein für eine freiheitliche Demokratie gelegt wurde, errichtete die sowjetische Besatzungsmacht in ihrer Zone eine kommunistische Diktatur. Doch auch hier war der Wunsch nach Freiheit, Recht und Demokratie stark.
„Wir freuen uns, dass wir die Sonderausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Bürger Museum zeigen können. Mutige Menschen sind vor über 70 Jahren in einem Unrechtsystem auf die Straße gegangen und haben unter großer Gefahr von Leib und Leben versucht, sich in Ostdeutschland für Demokratie und Freiheit einzusetzen“, sagte Dr. Sandra Donner, Leiterin des Museums Wolfenbüttel bei der Ausstellungseröffnung. „Die Geschichte des Volksaufstandes vom 17. Juli 1953 war lange Zeit aus dem Blickfeld der Erinnerungskultur geraten, jetzt in neuen Zeiten der Verteidigung der Demokratie ist das Präsentieren einer derartigen Ausstellung von besonderem Wert.“
„Wir wollen daran erinnern, dass sich unmittelbar nach Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR viele Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft, trotz schärfster Repressionen und unter hohem Risiko gegen die Errichtung einer neuen Diktatur und für demokratische Rechte und Freiheit eingesetzt haben. Sie traten für Grundrechte, die uns heute selbstverständlich sind, ein: Meinungs- und Pressefreiheit etwa, Versammlungsfreiheit oder auch die Rechtsweggarantie. Viele dieser mutigen Frauen und Männer haben ihren Mut mit langen Haft- und Lagerstrafen oder sogar ihrem Leben bezahlt. In der DDR wurden sie totgeschwiegen. Bis heute haben diese mutigen Frauen und Männer noch keinen angemessenen Platz in unserer Erinnerungskultur gefunden. Ihre Schicksale öffentlich sichtbar zu machen, ist ein Anliegen unserer Ausstellung“, so Dr. Anna Kaminsky, Direktorin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Ein Streikleiter des Volksaufstandes war Günther Dilling
Ein Streikleiter des Volksaufstandes in der DDR (1953): der Wolfenbütteler Günther Dilling
Eine der dargestellten Biografien und Verfolgungsgeschichten ist die des Wolfenbüttelers Günther Dilling, der beim Volksaufstand in Ostberlin am 17. Juni 1953 als Streikleiter seines Betriebes auftrat und nach der brutalen Niederschlagung durch die sowjetischen Panzer von einem Militärgericht ohne anwaltlichem Beistand zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Dilling ist der einzige noch lebende Streikleiter dieses Aufstandes. Nach der frühzeitigen Haftentlassung floh er nach Westberlin und entkam dort nur knapp einem Entführungsversuch durch die Staatssicherheit der DDR (Stasi).
Das Seminarfach des 13. Jahrganges der Integrierten Gesamtschule Wallstraße wird im Oktober 2024 ein filmisches Interview mit dem heute 90 Jahre alten Günther Dilling führen, ein Zusammenschnitt des Films wird anschließend auf einer Medienstation auf der Empore des Bürger Museums zu sehen sein. Am 1. Oktober 2024 wird Dilling vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue in Berlin der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland überreicht.
Die Ausstellung, die unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier steht, geht am 30. März 2025 zu Ende.
Quelle: PM 18.09.2024