Claudia Gorille gewinnt den Buchpreis Pflichtlektüre
„SILBERQUELLE, Party im Pavillon seit 1949“
Claudia Gorille gewinnt mit „SILBERQUELLE, Party im Pavillon seit 1949“ den Buchpreis Pflichtlektüre Niedersachsen 2025
Claudia Gorille hat am 3. Dezember 2025 für ihr Sachbuch „Silberquelle, Party im Pavillon seit 1949“ (Verlag Andreas Reiffer), den Buchpreis der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek erhalten. Der mit 4.444,-- Euro dotierte Preis steht unter der Schirmherrschaft des niedersächsischen Ministerpräsidenten und wurde stellvertretend von Staatssekretär Prof. Dr. Joachim Schachtner im Rahmen einer Feierstunde in der Leibnizbibliothek übergeben. Die VGH Stiftung fördert den Preis.
Begründung der Jury
Es ist ein Schicksal von vielen Menschen im Nachkriegsdeutschland: Joachim und Gertrud Gorille haben ihre Heimat verlassen, sind zu Fuß unterwegs nach Norddeutschland. Irgendwann reicht die Kraft nicht mehr und sie beschließen, dort zu bleiben, wo sie gerade sind: in Braunschweig. Es ist der Beginn einer wunderbaren Erfolgsgeschichte – für die Gorilles und für die Stadt.
Claudia Gorille, die Tochter von Joachim und Gertrud, erzählt in ihrem Buch „Silberquelle“, wie sich ihre Eltern mit Tatkraft und unbeugsamem Optimismus ans Werk machen und ihr eigenes Unternehmen gründen: einen Imbiss, die titelgebende Silberquelle. In dem umfangreich recherchierten Buch erfahren wir am Beispiel von Einkaufslisten und dem Kampf um Baugenehmigungen, wie nicht nur die Silberquelle wuchs, sondern auch, wie sich die Wünsche und Ansprüche der Menschen in Niedersachsen im Lauf der Nachkriegsjahre wandelten. Und im strahlenden Spiegel der Silberquelle sehen wir stückweise auch die Stadt Braunschweig auferstehen.
Der Fokus liegt jedoch auf der Familiengeschichte: Claudia Gorille erinnert neben vielen humorvollen Anekdoten auch daran, dass der Aufbau und Betrieb des Pavillons nur unter großem persönlichen Einsatz der Gorilles möglich war: Gertrud und Joachim gönnten sich kaum Urlaub und arbeiteten oft bis zur Erschöpfung. Sie sind es, die die Silberquelle dadurch zu einem Wahrzeichen der Stadt Braunschweig gemacht haben.
Aus Sicht der Jury erfüllt das Buch damit in besonderer Weise das erste Kriterium des Buchpreises: Niedersachsen im Zentrum. Denn „Silberquelle“ erzählt nicht nur eine örtlich verankerte Geschichte, sondern zeigt am Beispiel eines kleinen Pavillons, wie Menschen in Niedersachsen nach dem Krieg neue Lebenswege fanden, Orte prägten und das gesellschaftliche Miteinander über Jahrzehnte hinweg gestalteten. Die Silberquelle steht exemplarisch für jene Treffpunkte, an denen gelacht, diskutiert, gegessen und gefeiert wurde – lebendige Räume, die das soziale Gefüge des Landes maßgeblich formten.
Gleichzeitig gelingt es der Autorin, historische Genauigkeit mit einer klaren, gut nachvollziehbaren Sprache zu verbinden. Zahlreiche Fotografien, Archivdokumente und über 400 Briefe der Eltern schaffen eine dichte, aber nie überfordernde Erzählstruktur. Claudia Gorille schreibt journalistisch präzise und gleichzeitig sehr zugänglich. Damit erfüllt das Werk das Kriterium der Allgemeinverständlichkeit. Es spricht eine breite Leserschaft an: historisch Interessierte ebenso wie Menschen, die eine gut erzählte persönliche Geschichte schätzen.
Auch im Hinblick auf Originalität und Aktualität überzeugt das Buch. Claudia Gorille wählt einen ungewöhnlichen Zugang zur niedersächsischen Nachkriegsgeschichte, indem sie den Blick auf einen einzelnen Ort richtet, der über Jahrzehnte ein Symbol für Gemeinschaft, Wandel und städtisches Leben wurde. Die Silberquelle steht damit für eine Form von öffentlichem Raum, deren Bedeutung heute neu ins Bewusstsein rückt. Darüber hinaus setzt die hochwertige Gestaltung des großformatigen Hardcovers mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotografien einen ästhetischen Akzent, der die inhaltliche Qualität wirkungsvoll unterstreicht.
Und das alles macht „Silberquelle“ weit über Braunschweig hinaus erzählens- und lesenswert. Denn Claudia Gorilles Buch ist weit mehr als eine einfühlsam und mit reichhaltigem und aussagekräftigem Bildmaterial versehene Familiengeschichte: Es steht stellvertretend für all die viel zu oft noch unerzählten Geschichten jener Frauen und Männer, die Niedersachsen nach dem Krieg mit ihrem Einsatz und ihrer Hoffnung wieder aufgebaut haben. Damit ist es aus Sicht der Jury ein großartiges Buch, das mit dieser Auszeichnung jedem und jeder, der oder die sich für die Geschichte unseres Bundeslandes interessiert, als Pflichtlektüre Niedersachsen ans Herz zu legen ist.
Der Jury gehören an:
• Jan Ehlert, NDR Kultur
• Barbara Hartung, Vorsitzende des Landesfrauenrats Niedersachsen
• Anne May, Direktorin der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
• Volker Petri, Vorsitzender der Freunde und Förderer der GWLB
• Dr. Thela Wernstedt, Präsidentin der Klosterkammer Hannover
Für die Auszeichnung nominiert waren außerdem
- Rocco Artale, Avanti! Vom Arbeitsmigranten zum Ehrenbürger, Hannover: ecrivir - die textmacher, 2024
- Jörg Echternkamp, Langeoog - Biographie einer deutschen Insel, Berlin: De Gruyter, 2024
- Vanessa Erstmann, Reden wir von Hannover - das wird genügend harmlos sein, Hildesheim: Olms Presse, 2024
- Markus Thielemann, Von Norden rollt ein Donner, München: C.H. Beck, 2024
Zum Buchpreis
Die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek (GWLB) als niedersächsische Landesbibliothek verleiht 2025 erstmals den neu initiierten Preis „Pflichtlektüre Niedersachsen“. Ausgezeichnet wird ein Buch, das sich in herausragender Weise mit Niedersachsen beschäftigt. Vorrangig zielt die Auszeichnung auf Werke aus niedersächsischen Verlagshäusern. Es werden aber auch Medien berücksichtigt, die sich in besonderer Weise mit Niedersachsen auseinandersetzen.
Der Buchpreis ist ein Kooperationsprojekt zwischen GWLB und ihren Freunden & Förderern, die das Projekt ideell und finanziell unterstützen. Die Schirmherrschaft hat der Niedersächsische Ministerpräsident übernommen. Der Preis ist mit 4.444 Euro dotiert – eine Reminiszenz an die vier Landesteile, aus denen sich das Bundesland gründete. Die VGH Stiftung fördert das Projekt.
Für die Auswahl der Werke gelten folgende Kriterien:
• Niedersachsen im Zentrum: Die Publikation muss sich unabhängig vom Genre mit einem niedersächsischen Thema, einer Region, einem Ort, einer Person oder Institution beschäftigen.
• Allgemeinverständlichkeit: Die Publikation zeichnet sich durch eine klare und nachvollziehbare Darstellung der Inhalte aus. Sie spricht eine breite Leserschaft an, ohne dabei an fachlicher Tiefe zu verlieren.
• Originalität: Die Publikation bietet einen neuen, innovativen Zugang zu einem Thema in Bezug auf vergleichbare Werke.
Bedeutsam für eine Bewertung können auch die Aktualität eines Themas oder aber eine besonders gelungene Buchgestaltung einhergehend mit der inhaltlichen Bearbeitung sein.
Die Auswahl fand über ein mehrstufiges Verfahren statt. Eine kuratierte Werkliste der GWLB im Umfang von circa 130 Titeln wurde in einem ersten Schritt durch eine interne Auswahlkommission begutachtet. Sie erstellte eine Longlist, die anschließend durch ein Expertenteam auf eine Shortlist reduziert wurde. Im letzten Schritt wählte eine Jury den Siegertitel aus.
Hintergrundinformationen zum Pflichtexemplarrecht
Das Pflichtexemplarrecht hat eine lange Tradition, die bis in das Jahr 1737 zurückreicht. Die rechtliche Grundlage für das Pflichtexemplar in Niedersachsen wurde im März 2025 gesetzlich neu verankert (Niedersächsisches Pflichtexemplargesetz - NPflExG) und um die elektronische Pflicht erweitert. Das Pflichtexemplarrecht verfolgt den Zweck, das schriftliche und mittlerweile auch digitale Kulturerbe zu sammeln und zu bewahren. Grundsätzlich werden alle Medienarten gesammelt, sei es in körperlicher Form, dies sind gedruckte Publikationen wie Bücher und Zeitschriften, Tonträger – etwa CDs oder Schallplatten – sowie Datenträger oder in unkörperlicher Form, wie elektronische Publikationen, ebenso wie Webseiten, Blogs etc.
Die GWLB sammelt, erschließt und bewahrt die niedersächsischen Pflichtexemplare und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Die so entstehende Sammlung in Niedersachsen erschienener Medienwerke dokumentiert das kulturelle Schaffen in Niedersachsen und stellt daher eine unvergleichliche Quelle zum kulturellen Gedächtnis Norddeutschlands dar. Viele der gesammelten Schriften beinhalten zudem wesentliche Informationen über Niedersachsen. Alle Titel mit landeskundlichem Bezug werden auch in der Niedersächsischen Bibliographie verzeichnet.
Mehr zum Thema unter:
www.gwlb.de/niedersachsen/pflichtexemplare
Niedersächsische Bibliographie:
www.niedersaechsische-bibliographie.de
Quelle: PM 04.12.2025
