135 Jahre Firma Bienen-Thie Wolfenbüttel
Eine Ausstellung im Bürger Archiv
Eine Kabinettausstellung im Bürger Museum widmet sich vom 19. Juli bis 21. September 2025 der über die Region hinaus bekannten Wolfenbütteler Firma Bienen-Thie, die vor rund 135 Jahren gegründet wurde. Viele der ausgewählten Objekte zur Verfügung gestellt hat der Imker Andreas Pientka, der eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte der Wolfenbütteler Manufaktur für Imkerausrüstung besitzt.
Anfang der 1890er-Jahre eröffnete der Berufsimker Heinrich Thie ein Geschäft für Imkereigeräte in der Auguststraße 2/3, heute Dr.-Heinrich-Jasper-Straße 4. Die Erfindung und Herstellung praktischer Imkereigeräte brachte schnell Erfolge. 1910 wurde an der benachbarten Sophienstraße ein mehrgeschossiges Produktionsgebäude errichtet zur Herstellung von Bienenzuchtartikeln, Holzbearbeitung, Blechbearbeitung mit Stanzerei, Schmiede, Lager-, Versand- und Büroräumen und eine Näherei. In den Außenanlagen befanden sich Bienenstände mit über 500 Bienenvölkern. Es gab noch weitere Versuchs- und Muster-Bienenstände in der Campestraße mit Bienenwohnungssystemen, Bienentränken, Körben, Wolfenbütteler Kuntzsch-Zwillingen, Schleuderhaus und Imkerwohnung. Weitere Außen-Bienenstände existierten in Hedwigsburg und Steterburg.

Eine originale Honigschleudermaschine der Firma Bienen-Thie ist im Bürger Archiv zu sehen.
(Foto: Museum Wolfenbüttel)
Imkerszene in Deutschland und Europa nachhaltig geprägt
Viele Prospekte, Kataloge, Preisbücher, Bienenfachbücher etc. zeugen von dem Erfolg der Firma und machten sie sogar international bekannt. In den 1930er-Jahren besaß Thie Postscheckkonten in Hannover, Wien, Prag, Bern, Luxemburg, Kopenhagen, Danzig, Warschau, Paris und Brüssel, die Kundenkartei umfasste mehr als 50.000 Namen. Zu den Kunden Thies zählten der Boxer Max Schmeling und der Schriftsteller Hans Fallada.
Der „Sitzschemel Wolfenbüttel“, der „Wolfenbütteler Königinnen-Zucht und Befruchtungskasten für Kuntzsch-Imker“ und die „Wolfenbüttel-Einheitsgläser“ zählten genauso zum Sortiment wie der heute noch bekannte und berühmte „Wolfenbütteler Kuntzsch-Zwilling“ – vereinfacht gesagt: eine Bienenwohnung. Ende der 1930er-Jahre gab Bienen Thie den Firmensitz in Wolfenbüttel auf und zog mit dem Betrieb in das thüringische Neustadt an der Orla – wahrscheinlich, weil es in Thüringen mehr geeignetes Holz für die Bienenzuchtprodukte gab. Bis 1955 war die Firma noch im Wolfenbütteler Handelsregister eingetragen.
„Ein traditionsreiches Wolfenbütteler Unternehmen hat die Imkerszene in Deutschland und Europa nachhaltig geprägt. Viele Jahrzehnte nahm die Fabrik Bienen-Thie eine Vorreiterrolle ein und bis heute haben Imker und ihre Nachfahren deren hochwertigen Produkte, die in großem Stil hergestellt und die in Handarbeit gefertigt wurden, in Besitz und Gebrauch“, sagte Markus Gröchtemeier, stellvertretender Leiter des Museums Wolfenbüttel.
„Schon mein Vater war Berufsimker und der Name Thie sagte mir etwas, war doch mein Vater in den frühen 1970ern Kunde der Firma. Vor etlichen Jahren erwarb ich von einem Antiquariat aus der Nähe von Hannover neben alter Imkerliteratur auch etliche Kataloge der Firma Heinrich Thie aus Wolfenbüttel“, berichtet Andreas Pientka, Berufsimker aus Boizenburg/Elbe, der heute über eine große Sammlung an Exponaten und Dokumenten von Bienen-Thie verfügt. „Fast jeder ältere Imker kennt den Wolfenbütteler Kuntzsch-Zwilling. Er wurde auch noch in der DDR produziert. Ich habe mir damals die Frage gestellt, warum und wann ist die Firma Heinrich Thie von Wolfenbüttel, also aus dem Westen, nach Neustadt/Orla in den Osten übergesiedelt.“
Unter dem Leitspruch „Wie du den Bienen dienst, so dienen sie dir wieder ...“ veröffentlichte die Firma Heinrich Thie über Jahrzehnte im eigenen Verlag Fachliteratur und Werbung rund um die Bienenzucht und die Honiggewinnung.

Ein Blick in die Vitrine, in der die 135-jährige Geschichte der Wolfenbütteler Firma Heinrich Thie (Bienen-Thie) zu sehen ist.
(Foto: Museum Wolfenbüttel)
Das Gebäude an der Sophienstraße wurde 1944 an einen neuen Eigentümer verkauft, der dort eine Druckerei betrieb. Seit Sommer 2021 stehen in diesem Baudenkmal Wohnungen zur Miete. Noch heute erinnert dort eine Gedenktafel an den Erbauer des Hauses Heinrich Thie und seine Ehefrau Dora, geborene Blume, und am früheren privaten Wohnsitz der Familie prangt über der Eingangstür noch immer ein Zierstein mit eingearbeitetem Bienenkorb.
„Die Geschichte der Firma Bienen-Thie ist einmal mehr ein Beweis dafür, dass in der Stadt Wolfenbüttel unternehmerische Erfolgsgeschichten geschrieben wurden, Jägermeister, Welger, Kuba-Tonmöbel und MKN sind hier beste Beispiele. Wir freuen uns, dass wir wieder einmal mit einem Sammler zusammengearbeitet haben, der geholfen hat, ein Kapitel Wolfenbütteler Stadtgeschichte zu vertiefen“, so Markus Gröchtemeier.
Öffnungszeiten Bürger Museum: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr
Quelle: PM 18.07.2025