Über den Wolken - Carried Dreams
Interview mit André Fedorow
Die Band Experimental Artificial Sphere wurde 2004 in Braunschweig gegründet. Die Musik war bisher in einem weiten Spektrum von poppig bis synthetisch einzuordnen. Nach einer längeren Schaffenspause verpasste Gründer und Songwriter André Fedorow der Band eine soundtechnische Frischzellenkur und legte den stark repräsentierten Synthesizer-Anteil ab, um der Gitarrenarbeit mehr Raum zu geben.
Mit dem über elfminütigen avantgardistischen New Art Rock Epos „Carried Dreams“ wird ein wohl strukturierter Mix aus harten Passagen angeboten, die grob Devin Townsend anreißen. Das Songwriting erinnert oft an den ex-Porcupine Tree Künstler Steven Wilson, wobei sich der vierminütige Gitarrensolopart in Part 4 - 'Ryan' stark auf Pink Floyd besinnt. Textlich beschäftigt man sich hier mit bedingungsloser Liebe in einer immer empathieloseren Welt.
BS-Live!: Wer Eure Musik aus der letzten Dekade noch kennt, wäre überrascht über den Stilwechsel. Wie kam es dazu ?
André Fedorow: Ich glaube so viel Veränderung gibt es eigentlich gar nicht. Wir kleistern nur nicht mehr alles mit Synthesizern zu und schicken die Gitarre mehr aufs Spielfeld. Früher wurden wir oft als Synth-Rock-Pop Band wahrgenommen, da die progressiven Wurzeln nicht sofort hörbar waren. Dennoch waren sie meiner Meinung nach immer vorhanden. Das würde ich jetzt gern klarer herausstellen.
BS-Live!: Wie würdest Du Eure Musik beschreiben?
André Fedorow: Sie hat von allem etwas. Pop, Rock und Progressive- bzw. Art-Rock. Nicht jeder Song ist 10 Minuten lang, es gibt auch simplere Nummern wie „Gravity“, die viele Hörer aus dem Mainstream abholt. Ich würde sagen, E*A*S ist eine Rockband des 21. Jahrhunderts.
Stammbesetzung aus der Region
BS-Live!: Was kannst Du uns zur neuen Single sagen?
André Fedorow: Der neue Track heißt „Carried Dreams“ und ist mit über 11 Minuten Spielzeit der bisher längste Track in der Bandgeschichte. Ich würde die Nummer in das Genre Progressive Rock / Art Rock einordnen. Es ist zumindest textlich eine Art Sequel zum vorher veröffentlichten Song „Gravity“. Eigentlich ist es nicht direkt eine Single, sondern ein weiterer Song der als Teaser dienen soll. Es ist immer gut, wenn Redakteure unseren Namen schon ein paarmal gelesen haben bevor eine EP oder ein Album kommt.
BS-Live!: Ein außergewöhnliches Cover Artwork. Kannst Du was zur Entstehung sagen?
André Fedorow: Es ist kein Geheimnis, dass ich ein Fan der Arbeit von Storm Thorgerson (Hipgnosis) bin. Diese Artworks hatten immer was Surreales. Das Thema war eben “Träume getragen auf Wolken”, angelehnt an dem Songtitel.
BS-Live!: Heißt es eigentlich jetzt E*A*S oder Experimental Artificial Sphere?
André Fedorow: Die Band heißt „Experimental Artificial Sphere“ und die Kurzform ist E*A*S. Bei der Namensgebung hatte ich die Band „Orchestral Manoeuvres in the Dark“ im Kopf, die sich auch kurzerhand OMD nannten. Bei uns sind nur Sterne zwischen den einzelnen Buchstaben, weil diese im Bandlogo ganz gut rüberkommen.
BS-Live!: Mit welchen Musikern hast Du bei „Carried Dreams“ zusammengearbeitet? Sind dort auch Braunschweiger dabei?
André Fedorow: In der Tat gibt es dort Braunschweiger. Gitarrist Carsten Neugebauer, Sänger Rene Hanreich und Schlagzeuger Christian Nolte kommen aus der Löwenstadt. Der Rest verteilt sich über die ganze Bundesrepublik. Gitarrist André Mertens kommt aus Hannover, Keyboarder Anton Gankoff aus Essen und unsere Sängerin Raquel Schüler lebt in Brasilien. Schlagzeuger/Percussionist Fedi Fedorow ist in Salzgitter ansässig, genau wie die derzeitige Stammbesetzung aus Gitarrist Daniel Salinger, Schlagzeuger Evangelos „Laki“ Mihailidis und mir.
BS-Live!: Und es gibt keine logistischen Probleme was das Proben angeht?
André Fedorow: Wie gesagt, die Stammbesetzung wohnt nicht weit auseinander. Das ist logistisch schon mal optimal. Wir proben nicht oft zusammen, zumindest im Vergleich zu anderen Bands. Intensiver nur wenn Auftritte anliegen, aber bisher spielen wir nur selten live. Ich tue mich sowieso ein bisschen schwer auf Stadtfesten zu spielen. Die meisten Leute dort wollen Musik hören, die sie bereits kennen, und um darauf einen abfeiern zu können. Da denke ich an Cover- oder Schlagerbands. Ich bin mir nicht sicher, ob wir da hinpassen. Außerdem ist E*A*S primär ein Studioprojekt.
BS-Live!: Du bist laut Wikipedia ein waschechter Salzgitteraner. Wie sehr fühlst Du Dich verbunden mit der Stadt und unserer Region?
André Fedorow: Musikalisch fühle ich mich mit meiner Heimatstadt nicht verbunden. Ich möchte auch kein Teil irgendeiner lokalen Musikszene sein, wo es nur darum geht, wer wen kennt. Salzgitter hat nach FEE, Vivid und Cryptex nichts mehr abgeliefert. Wobei letztere Band gerade ihr neues Album fertiggestellt haben, da darf man echt gespannt sein. Allerdings muss nicht jede Band gleich deutschlandweit bekannt sein. Salzgitter hatte auch schöne Acts wie Mellow57, die jetzt aber eher zu den Braunschweigern zählen. Wenn überhaupt, bin ich der Braunschweiger Szene zugeneigt und selbst das nur verhalten. Ansonsten fühle ich mich in Salzgitter wohl. Die Stadt als Ganzes wird ja immer schlechter gemacht als sie im Einzelnen wirklich ist. Ich bin schon oft zwischen Salzgitter und Braunschweig hin und her gezogen.
"Es gibt noch jede Menge ungeschriebene Songs"
BS-Live!: Wer schreibt bei euch die Songs?
André Fedorow: Das Songschreiben fällt derzeit noch zu überwiegend mir zu, bis auf Ausnahmen in denen Bandmitglieder sehr passende Ideen eingebracht haben. Ein Beispiel: Unser ex-Frontmann Sven kam mit einer Songidee zu mir, die ich dann musikalisch und textlich ausgearbeitet habe, so dass es in das Bandkonzept passte. Der Song ist einer der stärksten von E*A*S geworden. Diese Arbeitsdynamik könnte ruhig öfter stattfinden. Da wir wieder regelmäßiger proben, zumindest bis vor der COVID19-Ausgangsbeschränkung, entwickelt sich eine neue interessante Dynamik zwischen uns. Ich glaube der Input von Daniel und Laki wird auf dem Album spürbarer sein.
BS-Live!: Welche Bands oder Musiker sind Inspirationsquellen?
André Fedorow: Ich werde eigentlich stark von Keyboardern wie Richard Wright (Pink Floyd) oder Tony Banks (Genesis) beeinflusst. Deswegen auch die streckenweise sehr Keyboard-lastigen Soundcollagen in den Songs. Ich höre zwar nicht den ganzen Tag Prog, aber es gibt schon einige Kandidaten, die ich in schöner Regelmäßigkeit höre. Zum Beispiel Genesis, Pink Floyd, IQ, Steven Wilson, Frost*, Devin Townsend, Cryptex. Aber auch völlig andere Sachen wie Tears for Fears, Iron Maiden, PiL oder auch gerne mal gerne meinen guten alten Freund Simon Collins. Durch meine Arbeit als Musikredakteur u.a. bei dem Prog-Magazin „Betreutes Proggen“ lerne ich auch immer wieder neue Bands und Künstler kennen, wie z.B. The Atrium oder Franck Carducci.
BS-Live!: Gab es denn mal eine festes Line-up? Du erwähntest einen Ex-Frontmann.
André Fedorow: Als ich dieses Projekt 2004 in Braunschweig ins Leben gerufen habe, gehörten der bereits erwähnte Frontmann Sven Arnold, Daniel Salinger an der Gitarre und Evangelos „Laki“ Mihailidis am Schlagzeug zur festen Bandbesetzung. Wie es nun mal mit Bands so ist, Leute kommen und gehen. Deswegen sehe ich E*A*S primär als Studioprojekt das flexibel mit vielen Leuten zusammenarbeiten kann, ohne dabei von bestimmten Personen abhängig zu sein. Wobei Daniel und Laki zurzeit wieder zur Stammbesetzung gehören. Was mich sehr freut, denn wir haben auch für andere Acts über E*A*S hinaus als Backing- und Studio-Band gespielt und uns verbindet einfach eine längere musikalische Historie. Sven hat vor ca. einem Jahr seine eigene Band „Scarfield“ gegründet. Wer auf Zeugs wie Alter Bridge usw. steht, sollte sich das mal anhören.
BS-Live!: Wie sehen Eure Zukunftspläne aus ?
André Fedorow: Erstmal soll eine EP veröffentlicht werden. Dann das Album. Ich hoffe, dass wir irgendwann mal auch auf einschlägigen Prog-Festivals spielen können. Es geht halt immer weiter. E*A*S gibt es jetzt seit über 15 Jahren. Es gibt noch viele Songs die noch nicht aufgenommen wurden und viele die noch ungeschrieben sind.
Ein Beitrag von BS-Live!