Wirtschafts- & klimafreundliche Mobilität
Am Beispiel der Braunschweiger Innenstadt
Wirtschafts- & klimafreundliche Mobilität im Großraum Braunschweig – gibt es nur ein Entweder-oder?
Am gestrigen Abend fand die Veranstaltung „Wirtschafts- & klimafreundliche Mobilität im Großraum Braunschweig am Beispiel der Braunschweiger Innenstadt“ im FUNKE Medienhaus statt. In der Kooperationsveranstaltung von IHK Braunschweig, Arbeitgeberverband Region Braunschweig e. V., DEHOGA-Kreisverband Region Braunschweig-Wolfenbüttel e. V. und Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade standen unter der Moderation von Armin Maus folgende Fragen im Fokus:
Wie bleibt die Innenstadt erreichbar und gleichzeitig klimaverträglich? Wie kann Mobilität so gestaltet werden, dass sie den Bedürfnissen von Handel, Gewerbe und Kunden gerecht wird, ohne den Klimaschutz aus den Augen zu verlieren? Nach kurzen Impulsvorträgen von IHK-Präsident Tobias Hoffmann, Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum und IHK-Vizepräsident Dr. Ralf Utermöhlen hatten sechs Impulsgeber aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden die Möglichkeit, in zweiminütigen Pitches ihre Positionen darzulegen. Daran anschließend wurden diese kurzen, aber klaren Statements gemeinsam mit den rund 140 Personen aus dem Publikum diskutiert.
Am Ende des Abends wurde deutlich: Klimaschutz und Erreichbarkeit schließen sich nicht aus, wenn alle Akteure gemeinsam an Lösungen arbeiten.
Die Impulsgeber des Abends v. l. n. r.: Dr. Ralf Utermöhlen, Dr. Thorsten Kornblum, Dr. Jens Schütte, Tobias Hoffmann, Frank Tristram, Timo Hickisch, Armin Maus, Olaf Jaeschke, Mirko Rüsing, Bastian Ehrenholz, Jean-Luc Hänel und Dr. Florian Löbermann.
(Foto: Timo Klingebiel)
Nachfolgend die Statements der Speaker
IHK-Präsident Tobias Hoffmann:
„Die Bedürfnisse sind unterschiedlich. Die Entscheidungsfreiheit, welches Verkehrsmittel man nimmt, um in die Innenstadt zu kommen, sollte jedem selbst überlassen bleiben. Außerdem sollten im Vorfeld von Planungen auch die Menschen einbezogen werden, die es betrifft. Das gilt für Anwohnende ebenso wie für Gewerbetreibende. Salopp gesagt: Es kann nicht sein, dass die Verkehrs- und Bauplanung, die unsere innerstädtischen Handels- und Gewerbeunternehmen unmittelbar in ihrer Erreichbarkeit einschränkt, ohne unsere Kenntnis und Einflussnahme stattfindet.“
Dr. Thorsten Kornblum, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig:
„Die Mobilität der Zukunft muss integrativ sein und alle Verkehrsarten berücksichtigen, vom Fußgänger bis zum Autofahrer, dabei gewährleisten wir weiterhin die Erreichbarkeit der Innenstadt für alle. Als Oberzentrum der Region ist es zudem unser Ziel, den Wirtschaftsstandort Braunschweig voranzubringen, die Weiterentwicklung von Handel und Industrie zu fördern sowie die Umweltqualität zu optimieren. Bei Veränderungen berücksichtigen wir deshalb alle relevanten Faktoren und gehen mit Maß und Mitte vor, weshalb unsere Innenstadtstrategie auch bundesweit positive Beachtung findet.“
Timo Hickisch, Gründer und CTO der leanact GmbH:
„Die Transformation unserer Mobilität ist angesichts des Klimawandels unausweichlich. Als Unternehmer in der Innenstadt sehe ich die Chance, unsere Stadt durch sichere Radinfrastruktur, digitale Lösungen und effiziente Verkehrsführung lebenswerter und gleichzeitig wirtschaftlich stark zu machen. Dafür braucht es kein Gegeneinander, sondern ein ehrliches Miteinander der Verkehrsmittel – und den Mut, Mobilität neu zu denken.“
Frank Tristram, Vorstandsvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Braunschweig:
„Der VCD Braunschweig begrüßt ausdrücklich, dass die IHK Braunschweig mit diesem Symposium den Dialog zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft fördert. Eine wirtschafts- und klimafreundliche Mobilität braucht gemeinsame Lösungen – und dafür liegt mit dem Mobilitätsentwicklungsplan 2035+ ein klarer Handlungsrahmen vor. Wichtig ist jetzt, dass Politik und Verwaltung konsequent in die Umsetzung der dort festgelegten Maßnahmen einsteigen. Dazu gehören ein durchgängiges und sicheres Rad- und Fußverkehrsnetz, ein verlässlicher und ganztägig attraktiver ÖPNV, die gezielte Steuerung des Kfz-Verkehrs sowie ein professionelles kommunales Mobilitätsmanagement. Diese Schritte fördern nicht nur den Klimaschutz, sondern stärken auch die regionale Wirtschaft, weil sie Erreichbarkeit, Aufenthaltsqualität und Fachkräftesicherung verbessern. Der VCD versteht sich dabei als konstruktiver Partner der Wirtschaft: Wir wollen gemeinsam Mobilität neu denken – effizient, klimafreundlich und sozial gerecht. Der MEP verbindet all diese Ziele. Jetzt kommt es darauf an, ihn entschlossen umzusetzen.“
Dr. Jens Schütte, Vorstandsvorsitzender Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club (ADFC), Kreisverband Braunschweig e. V. :
„Lebendige attraktive Städte mit Zukunft haben Radverkehrsnetze mit durchgehenden Routen, auf denen sich alle Radfahrenden an jeder Stelle sicher fühlen – für ein gutes Klima, für eine starke Wirtschaft und insbesondere für die Menschen.“
IHK-Vizepräsident Dr. Ralf Utermöhlen:
„Die klimafreundliche regionale Mobilität der Zukunft entsteht nicht im Entweder-oder, sondern im Sowohl-als-auch. Durch die intelligente Verbindung von elektrifiziertem Motorisierten Individualverkehr, öffentlichem Personennahverkehr, Mikromobilität und erneuerbarem Strom.“
Mirko Rüsing, stellv. Vorsitzender des Arbeitsausschusses Innenstadt Braunschweig e. V.:
„Die Erreichbarkeit der Innenstadt entscheidet darüber, ob sie lebendig bleibt oder an Anziehungskraft verliert. Wenn die Menschen nicht mehr einfach, sicher und gerne zu uns kommen können, verliert die Innenstadt ihr Herzstück – die Begegnung. Für den Handel bedeutet Erreichbarkeit weit mehr als Parkplätze. Sie steht für gute Wege in die Stadt – zu Fuß, mit dem Rad, mit Bus und Bahn und selbstverständlich auch mit dem Auto. Viele Besucherinnen und Besucher kommen aus dem Umland, oft mit Familie, Gepäck oder einem längeren Anfahrtsweg. Und genau das ist entscheidend: Braunschweig ist nicht nur Stadt, sondern Zentrum einer ganzen Region mit mehr als einer Million Menschen im Einzugsgebiet. Unsere Innenstadt ist das Herz dieses Wirtschafts- und Lebensraums – sie gibt Impulse weit über die Stadtgrenzen hinaus. Wenn die Erreichbarkeit eingeschränkt wird, trifft das nicht nur den Handel, sondern die gesamte Region. Nur wenn wir Mobilität ganzheitlich denken und den Zugang zur Innenstadt sichern, bleibt Braunschweig das starke Oberzentrum, das es heute ist – erreichbar, attraktiv und voller Leben.“
Jean-Luc Hänel, Gastronom und Inhaber der Vielharmonie und Betreiber des Lokals Zu den vier Linden:
„Für uns als Gastronomie ist die Perspektive der individuellen Zugänglichkeit der Braunschweiger Innenstadt existenziell. Unsere Gäste haben in den letzten Jahren erlernt, wie komfortabel es ist, sich Speisen nach Hause liefern zu lassen und wiederum erfahren, wie unkomfortabel es in den letzten Jahren oft war, in die Innenstadt zu gelangen. Wir haben in der Braunschweiger Innenstadt ein sehr großes Einzugsgebiet. Wir sind das Oberzentrum, die zweitgrößte Stadt Niedersachsens. Unsere Gäste kommen nicht nur aus dem Östlichen Ringgebiet mit Bus, Bahn und Fahrrad, sondern eben auch aus den ländlichen Gegenden. Die Erreichbarkeit mit dem individuellen Fortbewegungsmittel bleibt wichtig.
Für diese riesige Zielgruppe dürfen wir in keinem Fall das Signal des Rückbaus der individuellen Erreichbarkeit setzen. Sonst verlieren wir den Anschluss an andere Oberzentren. Wir brauchen ein nachhaltiges Konzept. Einen Ausbau der Ladeinfrastruktur! Vorhandene Parkplätze dürfen nicht Parks, Gedenkstätten, E-Rollern oder Lasten-Fahrräderstellplätzen zum Opfer fallen. Denn auch der klimaneutrale PKW des Besuchers aus dem Umfeld benötigt in Zukunft einen Stellplatz.“
Quelle: PM 28.10.2025
