Die Geschichte des Karnevals
Von den Römern zu den Jecken
Jecken und Narren sprangen mutmaßlich schon seit über einem Jahrtausend bei Fastnacht, Karneval und Fasching durch die Lande, um sich noch einmal vor Beginn der Fastenzeit ordentlich auszulassen. Sogar in der Römerzeit soll es zu diesem Anlass wilde Verkleidungs- und Festorgien gegeben haben. Spätestens seit dem Mittelalter ist "Mummerei" (Vermummung) oder der "Fatselovend" (niederdeutsch für "der Abend vor der Fastenzeit) in der Überzahl der Landstriche historisch nachweisbar (1). "Narren", Fratzen und Tiermonster-Masken und Verkleidungen standen dabei stets für den Teufel, die Hölle und alles Sündige der Erde als Gegenpol zu Sittlichkeit und Geistlichkeit. Die Verachtung der Kirche und Obrigkeiten für diese Bräuche stachelte das Volk umso mehr an: Nonnen- und Mönchkostüme sowie närrische Fratzen und Teufelshörner verfehlten ihre provokante Wirkung nicht und sind bis heute beliebte Kostüme.
In der Aufklärung Ende 1800 wurden die wilden Bräuche des gemeinen Pöbels weitgehend zurückgedrängt. In der Spätromantik eroberte dann das Bürgertum die Straßen mit öffentlichen Maskeraden, von Venedig inspirierten Maskenbällen und neuen Figuren wie dem närrischen Dreigestirn in Köln (Prinz, Bauer und Jungfrau) oder dem Karnevalskönig in Mainz zurück. Sie übernahmen das Zepter, stürmten das Rathaus und regierten anstelle der Obrigkeiten. Büttenreden und Klamauk wurden zu festen Institutionen. Damit wurde Karneval salonfähig und politisch. Zum Missfallen der Machthaber. In den 1830er Jahren waren beispielsweise vielerorts Karnevalssitzungen verboten. Missstände anzuprangern und satirisch aufs Korn zu nehmen ließen sich die Narren aber dennoch nicht nehmen. Der bürgerlich geprägte Karneval mit den neuen Figuren wurde in der nördlichen Hälfte Deutschlands bis heute beibehalten. Die südliche Hälfte dagegen kam um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wieder zurück zu den zünftigen, alten Narrenfiguren; der farbenprächtigen "Häs" mit Klassikern wie dem "Butzesel", Hexen oder Teufeln, die bis heute in Ulm, Freiburg oder Nürnberg an Fasenacht oder Fasnet das Straßenbild dominieren (2).
Der erste Kölner Rosenmontagsumzug ereignete sich 1823. Nach mehreren Einknicken in Kriegszeiten wurde auch der Karneval nach dem Dritten Reich (1933 bis 1945) 1948 buchstäblich aus den Trümmern gehoben und weiterzelebriert. In den 1950ger Jahren eroberte besonders der Rheinische Karneval das Fernsehen und wurde über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Nach einer kurzen Krise des glatten, prunkvollen Sitzungskarnevals im Saal, kehrte der Karneval schließlich in vielfältiger Form wieder auf die Straße zurück. Neben dem klassischen Rosenmontagsumzug und den klassischen Sitzungen gibt es alternative "Stunk"-Sitzungen, "rosa Sitzungen" der schwul-lesbischen Szene oder den "Geisterzug" am Fastnachtssamstag. Der alternative Zug wurde erstmals in Köln 1991 als Antwort auf das bundesweite Karnevalsverbot anlässlich des Golfkrieges (1990 bis 1991) ins Leben gerufen. Bis heute wird der chaotische Zug als Zeichen gegen Krieg und für Frieden und Lebensfreude gefeiert (1).
Was immer gleich ist, ist der Ursprung beziehungsweise der Anlass in unserem Kulturkreis: der Beginn der sechswöchigen Fastenzeit an Aschermittwoch. Dementsprechend machen auch die Namen Sinn: Fastnacht (die Nacht vor dem Fasten), Karneval (bedeutet soviel wie "das Ende des Fleischessens"). Was sich allerdings stark unterscheidet, sind die Brauchtümer, die für jede Region ganz typisch und einzigartig sind. Während Fasching, Fastnacht oder Fasnet eher im Süden und Osten gefeiert wird, zelebriert man im Westen und Norden den Karneval. Mehr dazu in unserem Beitrag "Die Geschichte des Karnevals".
Ein Beitrag von Kathrin Rieck für BS-Live!
Quellen: