Textilwerkstatt
"Wie ein Delikatessenladen"
so beschreibt laut Inhaberin Christiane Colsman eine Stammkundin die Textilwerkstatt. Einen kreativen Stoffladen mit einem breiten Angebot an Näh-Workshops und DIY-Angeboten. Der schöne Laden liegt direkt am Altstadtmarkt, mitten im Herzen der Stadt. Was die Kundin damit meint, fällt beim Betreten der Textilwerkstatt direkt ins Auge: immer neue Stoffe und Muster in allen Textur- und Farbvarianten, stylishe handmade Accessoires sowie ausgefallenen Näh-Sets. Im Interview erzählt mir die ehemalige Bonnerin, warum es gerade so toll ist, sich DIY-Kleidung selbst zu nähen, dass das Jeder kann und, dass es viel einfacher, schneller und günstiger ist, als viele glauben.
BS-LIVE!: Seid wann gibt es Sie und wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Am Altstadtmarkt gibt es die Textilwerkstatt jetzt seit vier Jahren. Vorher war ich noch zwei Jahre "Hinter Liebfrauen". Als dieser Laden vakant wurde, war für mich aus Platzgründen und aufgrund der Top-Lage sofort klar, dass ich umziehe. Die Idee, etwas mit Design auch beruflich zu machen, hatte ich eigentlich schon immer. Privat habe ich immer viel selbst entworfen und genäht. Beruflich war ich vorher im Einzelhandel und Agenturen tätig. Organisation und Verkauf haben mir immer gelegen, nur der kreative Part kam immer zu kurz. Vor sechs Jahren habe ich mir dann ein Herz gefasst und die Textilwerkstatt eröffnet - hier kann ich alles wunderbar miteinander verbinden!
BS-LIVE: Textilwerkstatt heißt ja der Laden, wieso auf sehr vielen Produkten das Label "Kikkomo"?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): "Kikkomo" ist unser Online-Shop. Der Name hat mit den Artikeln und dem Stil noch besser harmoniert.
BS-LIVE: Alles was man hier sieht, machen Sie selbst? (Kinderkleidung, Mäppchen, Taschen etc.)
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Ja genau! Zum Großteil verwenden wir eigene Schnittmuster von denen wir dann Muster und Ausstellungsstücke als Anregung für unsere Kunden anfertigen.
BS-LIVE!: Wer zählt zu den Stammkunden?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Meistens sind es Frauen zwischen Ende Zwanzig und 45 Jahren. Männer sind auch dabei, aber das könnten ruhig mehr sein. Ältere Damen (und Herren) und Kinder zählen aber auch zu unseren Kunden. Bei den Kindergeburtstagen, die wir ausrichten, sind auch immer mehr Jungen dabei und ebenso eifrig bei der Sache wie die Mädels. Generell beobachte ich immer wieder den Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen. Kinder legen einfach los und lassen auch mal „Fünf gerade sein“. Die machen das echt klasse - ich hatte schon Kinder, die sich mit zehn Jahren ein Kleid genäht haben.
BS-LIVE!: Näht man hier vor Ort?
Christiane Colsmann (Textilwerkstatt): Genau entweder hier vorne an dem großen Arbeitstisch im Laden oder hinten im Kursraum. Die Teilnehmer können unsere Maschinen nutzen, oder ihre eigenen Maschinen mitbringen. Mit eigenen Maschinen hat den Vorteil, dass oft ganz neue Funktionen entdeckt werden. Wir hatten aber auch schon Nähtreffs in anderen Locations wie letztens im Café Bruns mit achtzehn Leuten von 09:00 bis 17:00 Uhr. Alle hatten ihre eigenen Sachen vorbereitet, haben sich Tipps gegeben und voneinander inspirieren lassen. Nebenher gab es leckere Kleinigkeiten aus dem Cafe Bruns. Das war auch eine sehr schöne Sache, die wir sicher bald wiederholen werden.
BS-LIVE!: Was machen die Leute am liebsten?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Kommt darauf an! Mit Anfängern machen wir immer Starter-Projekte wie etwa Kissenhüllen. Mütter machen oftmals gerne Babykleidung wie Pumphosen oder ähnliches. Ein deutlicher Trend in den letzten zwei Jahren ist, für sich selbst Kleidung zu nähen! Als Gegenbewegung zum Shoppingwahn und der Wegwerfkultur und aus Individualitätsgründen - dass ich etwas trage, das sonst keiner im Schrank hat. Man weiß auch einfach ein selbstgenähtes Kleidungsstück viel mehr zu schätzen. Gerade selbstgemachtes wird oft besonders gut gepflegt und lange getragen. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
BS-LIVE! Kann das Jeder oder brauche ich Vorkenntnisse?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): im Grunde kann es Jeder. Am besten man meldet sich zu einem Nähkurs an und dann ergibt sich der Rest je nach Erfahrung, Geduld und Geschick von selbst.
BS-LIVE! Was würden sie Anfängern empfehlen?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Auf alle Fälle Kissenhüllen, Topflappen oder Loopschals sind auch sehr beliebt. Mit einer Kissenhülle kann man im Null Komma nix seine Wohnung neu dekorieren und großartige Akzente setzen. Das sind die Projekte, wo man sicher und relativ schnell ein Erfolgserlebnis verbuchen kann.
BS-LIVE!: Wieviel Zeit muss ich für Kissenhülle einplanen?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): das ist innerhalb von unserem dreistündigen Schnupperkurs definitiv zu machen. Wenn man schon Vorkenntnisse hat, geht es natürlich noch schneller. Am meisten Zeit braucht eigentlich die Vorbereitung. Das Nähen geht schnell.
BS-LIVE!: Wieviel kostet mich eine selbst genähte Bluse?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): ich würde sagen mit rund dreißig Euro, wenn man allein vom Stoff ausgeht. Arbeitskosten entfallen ja. Etwas zwischen zwanzig und fünfzig Euro - je nach Stoff, Stoffverbrauch, Schnittmuster, Nähgarn und Extras.
BS-LIVE!: Was sind die Topseller?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Bei Stoffen sind vor allem Jersey und Jaquard angesagt. An Modellen vor allem Taschen, Blusen oder Sweatshirts. Auch Strickjacken aus Strickstoffen, die wie selbstgestrickt aussehen, sind aktuell sehr beliebt. Letztes Jahr waren Hoodies im Naketano-Style der Renner. Zwischendurch mal Blousons. An Extras sind momentan Kunstleder- und Metall-Accessoires vor allem in Roségold oder auch Bommel hoch im Kurs.
BS-LIVE!: Wann könnte ich den nächsten Nähkurs mitmachen?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): zwei bis drei Monate haben die Anmeldungen in der Regel Vorlauf. Aktuell sind die Anfängerkurse bis Mitte März fast ausgebucht. Aber auch so sind alle Näher-/innen jederzeit herzlich willkommen, sich Tipps und Inspiration zu holen und / oder sich mit neuem Material einzudecken.
BS-LIVE! Beobachten sie im Selbernähen einen Trend nach oben?
Christiane Colsman (Textilwerkstatt): Bei mir im Laden auf jeden Fall. Generell ist der Trend für DIY-Projekte meiner Meinung nach ungebremst. Für viele kleine, halbprofessionelle oder private DIY-Läden hat allerdings dieses Jahr mit dem Zusammenbruch von Dawanda (DER Online-Verkaufsplattform für DIY-Produkte) nach zwölf Jahren ein großer Um- und Einbruch begonnen. Viele Hobbykünstler und -Designer haben 2006 wegen Dawanda ihre Jobs gekündigt, um sich selbstständig zu machen. Einige verkaufen weiter auf Etsy, dem amerikanischen Nachfolger, viele hören aber auch auf oder suchen sich neue Wege.
Vielen Dank für die spannenden Einblicke in die Textilwerkstatt am Altstadtmarkt und die DIY-Branche.
Ein Beitrag von Kathrin Rieck für BS-LIVE!