Im Interview mit Joachim Wrensch
Es wird wieder Zeit, sich ein hieb-und stichfestes Alibi zuzulegen, denn der Herbst in Braunschweig verspricht wieder mörderisch zu werden. Im Oktober veranstaltet die Buchhandlung Graff ihr mittlerweile 8. "Braunschweiger Krimifestival" und wird mit Lesungen namhafter Autoren, kriminalistischen Stadtführungen und einem mörderisch guten Rahmenprogramm für eine schaurig-schöne Gänsehaut sorgen. Der Blick in die Ermittlungsakten verspricht Krimifans Spannung pur: Insgesamt 45 Protagonisten, darunter nationale und internationale Krimiautoren und Schauspieler wie Karen Rose, Jilliane Hoffman, Erik Axl Sund, Michael Tsokos, Sebastian Fitzek, Gisa Pauly, Bernhard Aichner, Wolfgang Hohlbein, Nina Petri und Raphael Traub, sorgen beim diesjährigen Krimifestival für mörderische Stimmung.
Wir haben dies zum Anlass genommen, um mit Joachim Wrensch, einem der beiden Geschäftsführer der Buchhandlung Graff, über das Krimifestival und die weiteren Pläne der Buchhandlung zu sprechen.
Herr Wrensch, im Oktober findet das mittlerweile 8. Krimifestival statt. Wie wurde die Idee eigentlich geboren?
Zunächst muss man einmal sagen: Krimis und Thriller hatten einen enormen Boom auf dem Buchmarkt. Große Steigerungen sind zwar nicht mehr zu erwarten, dennoch erfreuen sich Krimis immer noch großer Beliebtheit. Und wir hatten damals Infos über das Hamburger Krimifestival und da haben wir uns gedacht: "Das können wir auch!"
Warum findet das Krimifestival im Herbst statt?
Der Herbst ist die dunkle Jahreszeit, da passen Krimis sehr gut hinein. Außerdem findet unser Krimifestival kurz nach der Frankfurter Buchmesse statt, sodass wir jedes Jahr auch die große Chance haben, viele internationale Autoren gewinnen zu können, die dann gerade in Deutschland sind.
Von Anfang an war das Krimifestival ein voller Erfolg, wie erklären Sie sich das?
Das Krimifestival ist zu einer Zeit entstanden, als es noch zwei Thalia-Buchhandlungen gab. Wir haben uns nicht aufkaufen lassen, sondern haben uns neue Konzepte überlegt, wie das Krimifestival oder Graff 27, unsere Lesereihe, die auch zu dieser Zeit ins Leben gerufen wurde.
Wir sind eine Braunschweiger Traditionsfirma mit viel Herzblut und das honorieren die Braunschweiger und sie sind uns treu geblieben. Dafür sind wir natürlich sehr dankbar. Das Krimifestival spricht besonders unsere Stammleser an und es gibt beim Festival sogar Besucher, die uns dann jeden Tag begleiten. Die Beliebtheit des Krimifestivals ist nach wie vor ungebrochen. Direkt nach dem Krimifestival gibt es immer Anfragen, ob es im nächsten Jahr wieder eins geben wird. Die Leser äußern selbst auch Wünsche, wen sie gerne einmal beim Festival erleben möchten. Und schon das ein oder andere Mal konnten wir diese Wünsche sogar erfüllen.
Welchen Autor würden Sie persönlich gerne mal beim Krimifestival begrüßen?
Wir haben schon viele Top-Krimi-Autoren bei uns gehabt. Dazu kommen die bekannten deutschen Synchronsprecher und dann fällt mir natürlich auch noch der ein oder andere Tatort-Kommissar ein. In zwei Jahren haben wir nicht nur das 10. Krimifestival, sondern wir feiern gleichzeitig das 150-jährige Graff-Jubiläum. Dafür überlegen wir uns gerade ein attraktives Veranstaltungsprogramm. Zu unserem Doppel-Jubiläum würde ich mich sehr über unsere norddeutsche Tatort-Kommissarin Maria Furtwängler freuen. Es gab schon Kontakt über die Agentur und wir hoffen, dass es uns gelingen wird, Frau Furtwängler nach Braunschweig einzuladen.
Lesen Sie selbst gerne Krimis? Und wenn ja, von welchem Autor?
Ich hab keinen bestimmten Lieblingsautoren, sondern lese Querbeet. Ich habe viele Donna Leon-Krimis gelesen und ich mag die Bücher von Martin Walker. Gerade lese ich "Die Schutzlosen" von der finnischen Autorin Kati Hiekkapelto. Ich freue mich auf Erik Axl Sund beim Krimifestival und habe gerade den Kunst-Krimi "Im großen Stil" von Bielefeld & Hartlieb gelesen.
Wann nehmen Sie sich die Zeit, um zu lesen?
Ich lese abends, vor dem Schlafengehen und natürlich im Urlaub. In meinem kommenden Urlaub werden natürlich auch diverse Krimis dabei sein, wie Sam Millers "True Crime", ein Autor, der schon selbst als Bankräuber einsaß. Und Bernd Aichners Roman "Das Totenhaus" werde ich mitnehmen.
Haben Sie einen "Geheimtipp" für das Krimifestival?
Ich freue mich auf Max Tidof. Und auch die Veranstaltung mit Sam Millar in der Komödie am Altstadtmarkt, bei der Margarethe von Schwarzkopf moderieren wird, übrigens die einzige Protagonistin, die bei allen Krimifestivals dabei war.
Auf welche Veranstaltung freuen Sie sich beim diesjährigen Krimifestival besonders?
Da ich ein großer Musikfan bin, freue ich mich auf den musikalischen Auftakt mit Arte Criminale. Da wird es eine tolle Verbindung von Musik und Texten geben.
Sie haben das große Glück, beruflich mit einer Vielzahl von tollen und spannenden Büchern umgeben zu sein. Wie entscheiden Sie sich, was Sie bei dieser enormen Auswahl lesen?
Das ist die Crux, dass man bei so vielen Buchtiteln nur einen kleinen Teil lesen kann. Ich lasse mich da ein Stück weit durch Empfehlungen von Kollegen oder Kunden leiten. Da ich bei uns im Haus für die Veranstaltungen zuständig bin, schaue ich natürlich auch immer, dass ich die Bücher unserer Autoren, die wir einladen, gelesen habe. Ansonsten lese ich natürlich vorrangig Bücher, auf die ich Lust habe.
Neben den Lesungen gibt es beim Krimifestival auch Führungen. Haben Sie daran auch schon teilgenommen?
Ja, auch da war ich schon dabei. Das macht den Reiz des Krimifestivals aus, dass man die verschiedenen Örtlichkeiten in Braunschweig aufsucht und damit auch den lokalen Bezug bekommt. Das Hamburger Krimifestival ist zum Beispiel auf Kampnagel festgelegt. Wir müssen uns die Räume jedes Mal neu erschließen. Dadurch läuft nicht immer alles aalglatt ab. Aber da wir immer mit viel Herzblut und Engagement dabei sind, ist das vielleicht auch ganz gut. Und die Kunden schätzen unser Engagement sehr.
Wie sieht die Zukunft des Krimifestivals aus?
Wir beobachten natürlich was sich so neues auf dem Büchermarkt tut. Man muss schauen, ob sich ein Sättigungsgefühl einstellt. Spannende Autoren und Themen bekommen wir aber nach wie vor. Dann planen wir für das nächste Jahr etwas ganz Neues. Zusammen mit allen unabhängigen Buchhandlungen veranstalten wir "Braunschweig liest". Das Festival wird vom 27. Mai bis zum 10. Juni stattfinden und wir laden dazu viele Autoren ein. Rafik Schami wird den Auftakt machen und das Festival endet mit Axel Hacke am 9. Juni. Die Veranstaltung wird in Kooperation mit dem Kulturinstitut stattfinden und soll den unabhängigen Buchhandel unterstützen, da wir vor allem durch den Internetbuchhandel massive Konkurrenz bekommen.
Was meinen Sie, warum kommen die Kunden gerne zu Graff?
Es ist uns gelungen, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, in diesem schönen und ästhetischen Gebäude. Wir haben ein breites Angebot und das nicht nur, was Bücher anbelangt. Und wir haben viele gute und langjährige Mitarbeiter, die ihre Kunden und deren Wünsche kennen. Durch unsere Sitzmöglichkeiten laden wir die Kunden zum Verweilen ein. Mein Bruder und ich wollten damals ein Café in der Buchhandlung haben, was die Verweildauer der Kunden noch mal zusätzlich erhöht. Und wir sind nicht nur ein "Kultureller Treffpunkt", sondern auch eine Art Familientreffpunkt. Wenn der eine noch in der Stadt ist, um Besorgungen zu machen, stöbert der andere bei uns im Laden, ohne sich zu langweilen.
Welche Pläne haben Sie mit der Buchhandlung Graff mittelfristig bis langfristig?
Uns gibt es jetzt seit 148 Jahren. Wir sind ein Familienbetrieb und wollen das auch noch lange bleiben. Unsere Kinder werden in unsere Fußstapfen treten. Wir haben sie nicht gedrängt, sondern sie haben sich aus freien Stücken für diesen Weg entschieden. Das ist eine schöne Tradition. Auch mein Bruder und ich wurden nicht gedrängt, den Familienbetrieb zu übernehmen, sondern haben schon während der Schulzeit immer mitgeholfen. Es ist aber auch wichtig, dass unsere Kinder erst mal außerhalb unseres Geschäfts Erfahrungen sammeln. Meine Tochter z. B. hat Kulturwissenschaft in Lüneburg studiert. Sie war in Berlin im Ullstein Verlag und bei Dussmann und arbeitet jetzt beim Oettinger Verlag in Hamburg.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich habe ein Haus mit einem Garten. Und der Garten kann natürlich immer eine helfende Hand gebrauchen. Dann habe ich ein Theater-Abonnement und ich bin sehr gerne mit dem Fahrrad unterwegs.
Sie reisen sicherlich gerne. Haben Sie ein Lieblings-Urlaubsland?
Irgendwann wird es mich mal nach Australien und Neuseeland ziehen. Aber dazu braucht man mehr als 14 Tage. Wir haben dieses Jahr einen Teil von Irland bereist und das war so schön, dass wir das bestimmt noch einmal machen werden.
Sie haben im Hause eine große Kochbuchabteilung, kochen Sie selber auch?
Ich muss gestehen, dass ich schon länger nicht mehr gekocht habe. Früher als die Kinder noch zuhause wohnten, habe ich oft am Sonntag das Essen zubereitet. Besonders gut geschmeckt hat ihnen mein Geschnetzeltes mit Klößen. Aber seit die Kinder aus dem Haus sind, ist das Kochen zum großen Teil der Part meiner Frau geworden.
Die kulinarischen Festivals boomen gerade. Könnten Sie sich vorstellen, selbst ein Food-Festival ins Leben zu rufen?
So ein Festival könnten wir natürlich nicht bei Graff machen. Da wir "nur" ein Café haben, wäre die Zubereitung eher schwierig. Wir haben aber schon Whisky- und Weinabende veranstaltet und haben regelmäßig Präsentationen von Gräfe & Unzer. Aber generell sind wir neuen Ideen gegenüber immer aufgeschlossen.
Herr Wrensch, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen ein spannendes Krimifestival!