Im Gespräch mit Burkhard Bohne
Burkhard Bohne ist Leiter des Arzneipflanzengartens der Technischen Universität Braunschweig und hat den Klostergarten in Riddagshausen geplant und aufgebaut. Der engagierte Gärtnermeister und Kräuterexperte bietet zudem Führungen, Workshops und Veranstaltungen rund um das Thema Kräuter an, u.a. in der 2011 von ihm gegründeten ersten Kräuterschule Braunschweigs. Darüber hinaus arbeitet er als freiberuflicher Dozent, Kräuterbuchautor und Gartenplaner mit Schwerpunkt Kräuter- und Nutzgarten mit dem besonderen Augenmerk auf Gartenprojekten an spirituellen Orten. Im Februar ist sein neues Buch "Garden your City" erschienen, dies haben wir zum Anlass für ein Interview mit ihm genommen.
Im Gewächshaus des Arneimittelgartens der TU Braunschweig kümmert sich Burghard Bohne auch um die Pflanzenzöglinge. (Foto: Kerstin Lautenbach-Hsu)
Herr Bohne, Sie haben ein neues Buch mit dem Titel "Garden your City" geschrieben, das gerade herauskam. Wie kamen zu Ihrem neuen Buchprojekt?
Ich wollte etwas Neues machen. Alles, was mir im Bereich der Kräuterthemen persönlich am Herzen lag, war gemacht: Wie beispielsweise das große Kosmos-Kräuterbuch, in dem die 500 wichtigsten Kräuter und Arzneipflanzen vorgestellt werden. Außerdem wurde die Kräuterschule gegründet, die auch erfolgreich betrieben wird. Bücher zu anderen mir wichtigen Themen habe ich schon geschrieben. Und da dachte ich mir: "Da guckst Du einfach mal, was es noch für Projekte gibt, die dich interessieren." Ich bin schon bei den Arbeiten zu "Kräutergärtnern" auf die Idee gekommen, ein Projekt zu realisieren, bei dem man mit einem Fotografen durch die Gegend fährt, um schöne Projekte zu begleiten. Dann habe ich geschaut, was naheliegend ist und da fiel die Wahl natürlich auf Berlin. Ich habe recherchiert, welche Gartenprojekte es gibt und ob die Möglichkeit zu einer Zusammenarbeit besteht. Ich bin natürlich sofort auf das "Tempelhofer Feld" und "Prinzessinnengarten" gestoßen und später auf "Klunkerkranich", ein Dachgarten auf einem Parkhaus in Neukölln. Das hat mir sofort gefallen. Da treffen sich Leute, die zusammen was auf den Weg bringen wollen.
Was sind das in der Regel für Leute, die diese alternativen Gartenmodelle betreiben?
Es sind in erster Linie junge Menschen; etwas unkonventionellere Menschen. Meist war es so, dass zuerst Brachgrundstücke genutzt wurden und dort irgendwelche Pflanzen angebaut wurden, später wurden viele Projekte legalisiert. Bei diesen Vorhaben haben sich ganz neue Gartenformen gefunden. Ich freue mich natürlich, weil die Idee, die ich persönlich schon seit Jahrzehnten bearbeite (Kulturpaten Klostergarten, Integrationsgärten), plötzlich gesellschaftsfähig geworden ist. Leute tun sich zusammen, um zusammen etwas zu machen und die gärtnern dann halt.
Welche Inspiration haben Sie für Ihr Buch in den Prinzessinnengärten erhalten?
Um das Thema inhaltlich gut erfassen zu können, habe ich im Prinzessinengarten Workshops angeboten. Das ist auch ziemlich schnell eingeschlagen, wie ich zugeben muss, bereits nach einem Tag waren die Workshops ausgebucht. Die Leute kamen und hatten viel Freude und Spaß daran. Parallel dazu ist der Gedanke gewachsen, ein neues Buch zu schreiben. Und das Thema bot sich natürlich auch an, weil es neu und jung ist. Und es war natürlich auch eine Herausforderung. Auch der Kosmos-Verlag war sofort einverstanden. Ich habe im letzten Jahr mein ganzes Programm darauf abgestimmt, dass es überhaupt möglich war, so ein Buch zu schreiben. Ein Buchprojekt bedeutet immer viel Arbeit: es müssen Texte geschrieben, Referenzgärten gefunden werden, dann braucht man Projekte und so weiter Das benötigt natürlich eine lange Vorlaufzeit. Im Klartext heißt das, dass das Buch schon im letzten Winter geschrieben war und im Sommer ist die Fotografin Kerstin Mumm mit mir herumgefahren und hat mit mir an verschiedenen Orten Fotos gemacht.
Gibt es auch in Braunschweig ein "Urban Gardening"-Projekt, das in Ihre Arbeit eingeflossen ist?
Ja, das gibt es erfreulicherweise. Ein Projekt, das letztes Jahr ins Leben gerufen wurde: der Stadtgarten Bebelhof. Die Betreiber des Projektes waren sofort zu einer Kooperation bereit. So konnten wir den Aufbau des Stadtgartens gleichzeitig mit dokumentieren. Alles in allem ist aus dem Vorhaben ein ganz bunt gemischtes Buch erwachsen.
Worum geht es jetzt genau in "Garden your City" und worin unterscheidet sich das Buch zu anderen Büchern?
Es ist zwar, wie im Kosmos-Verlag üblich, ein Gartenratgeber. Aber es gibt im Buch auch viele Dinge, die anders sind, als in anderen Gartenratgebern. Zum einen geht es nicht nur um Kräuter, sondern um alle möglichen Nutzpflanzen, also auch um Obst und Gemüse. Das Schöne ist auch, dass ich die Zielgruppe der Bücher kenne und das bei meinen Büchern auch berücksichtigen kann. Im Buch haben wir Kräuter, Obst und Gemüse aber auch Blumen und Gehölze beschrieben und natürlich auch die ganz "normalen" gärtnerischen Themen behandelt, wie "welche Erde verwendet man?", "wie wird so ein Beet gefüllt?", "wann wird ausgesät?", "wann wird geerntet und was kann ich mit der Ernte machen?". Zusätzlich werden dann aber auch ganz viele Projekte im Buch vorgestellt. Wir haben zum Bespiel ein Interview mit Stadtimkern (Okerbienen) geführt, die ihre Philosophie vorstellen und berichten, was sie persönlich bewegt, im Stadtgarten Bienen zu halten. Und wie schon angedeutet, werden die Prinzessinengärten vorgestellt. Oder "Ackerhelden", eine neue Bewegung, die Mietacker vor der Toren der Stadt anbieten. Das gibt es übrigens auch hier in Braunschweig. Man bekommt mit dem Buch einen guten Überblick darüber, was denn eigentlich im Bereich des Stadtgärtnerns möglich ist, auch wenn man keinen Garten hat.
Im Moment ist das "Stadtgärtnern" und "Social Gardening" ein absolutes Trendthema. Wie erklären Sie sich diesen Trend?
Bei der Beschäftigung mit dem Thema merkt man natürlich ganz schnell, dass man weit weg ist von Einfamilienhaus-Gärten oder Schrebergärten, wo jeder für sich werkelt. Der neue Trend geht dahin, dass man etwas gemeinsam macht und das finde ich persönlich sehr sympathisch. Das ist ein Gedanke, der natürlich vor allem die jungen Leute anspricht. Sie machen etwas zusammen, lernen etwas dabei, sie teilen meist auch die Ernte. Sie haben beim Stadtgärtnern somit einerseits ein gesellschaftliches Leben und haben andererseits auch einen Berührungspunkt mit der Natur. Und sie haben das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen. Und das ist es, was den jungen Leuten gefällt.
Stehen dabei auch politische Gründe im Raum?
Ja, bei allen Gemeinschaftsgärten, in denen ich gearbeitet habe, geht es weit über das einfache Gärtnern hinaus: Die meisten Teilnehmer haben zumindest einen kleinen politischen Anspruch, den ich persönlich sehr sympathisch finde. Es ist, glaube ich, ein offenes Geheimnis, dass unsere Gesellschaft mehr und mehr ins Ungleichgewicht fällt und so, wie sie ist, nicht immer funktionieren kann. Da ist schon Reformbedarf da. Die "Social-Gärtner" sind Menschen, die nicht einfach nur herummeckern, sondern einfach machen. Und das wichtigste ist, dass sie dabei glücklich und auch erfolgreich sind. Außerdem ist in den Gemeinschaftsgärten auch gleichzeitig möglich, dass man nicht nur einfach zusammen gärtnert, sondern dass auch Küchen integriert sind, die zum Beispiel vegetarisches oder biologisches Essen für einen kleinen Geldbeutel anbieten. Oft bieten Gemeinschaftsgärten auch Umweltbildung an. Und nicht selten gibt es eine kleine Bühne für Kleinkunst und Konzerte. Das finde ich in der Kombination eine sehr gelungene Sache.
Herr Bohne, wir bedanken uns für die tollen Einblicke ins "Städtgärtnern" und wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihrem neuen Werk.
Interview: Dipl.-Päd. Kerstin Lautenbach-Hsu
Buch-Infos zu "Garden your City"
In "Garden your City" erklärt Burkhard Bohne, wie der Garten in der Stadt gelingt, denn mit bunten Pflanzen erscheinen graue Mauern und Hinterhöfe gleich viel weniger trist. Durch Hochbeete werden Steinwüsten zu Gärten und Hinterhöfe zum Lebensraum. Und selbst vertikal kann gegärtnert werden so muss kein Großstädter auf selbst gezogenes Obst und Gemüse verzichten.
Burkhard Bohne vermittelt das nötige Know-how und gibt viele kreative Anregungen für eine reiche Ernte in der Stadt. Und auch Tiere freuen sich über mehr Pflanzenvielfalt und werden so wieder in die Städte gelockt.
Buch-Infos:
Burkhard Bohne, Kerstin Mumm: Garden your city
176 Seiten, Klappenbroschur
334 Farbfotos, 21 SW-Illustrationen
€/D 20,00 / €/A 20,60 / sFr 25,00
ISBN 978-3-440-14971-3
Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
Erscheinungsdatum: Februar 2016