Fettes Ausrufezeichen: Löwen besiegen Playoff-Kandidaten Ulm
Absolut verdient und fast schon sensationell
Absolut verdient und fast schon sensationell haben die Basketball Löwen Braunschweig am Sonntagnachmittag deutlich mit 84:67 (51:35) gegen den Tabellensiebten und EuroCup-Viertelfinalisten ratiopharm ulm gewonnen. Das Team von Headcoach Jesús Ramírez spielte von Beginn an mit mehr Energie, war entschlossener und zog den Gästen mit seiner Verteidigung den Zahn. Zur Halbzeit lagen die Löwen vor stimmungsvoller Kulisse und 3.413 Zuschauer:innen in der Volkswagen Halle bereits mit 16 Punkten vorne, ehe ein schwaches drittes Viertel folgte, in dem die Ulmer angeführt von Yago dos Santos (29 Punkte) bis auf 52:50 herankamen. Doch fanden David Krämer (18 Punkte), Jilson Bango (16 Punkte) und Co. rechtzeitig zurück ins Spiel und ließen im letzten Viertel nur noch zehn Gäste-Punkte zu, während sie selbst 21 erzielten. „Wir konnten ihre Energie nicht matchen“, sagte Ulms Headcoach Anton Gavel nach der Partie, in der fünf Löwen zweistellig punkteten und der Playoff-Kandidat 20 Punkte unter seinem Schnitt blieb.
Die Löwen waren von Anfang an defensiv aufmerksam, sehr kämpferisch und vor allem energischer als die Ulmer. Das machte sich schnell in einer 9:3-Führung bemerkbar, wenngleich ein prompt folgender 7:0-Lauf der Gäste den Vorsprung zunichte machte. Aber das war nur ein kurzes Ulmer Strohfeuer, weil das Ramírez-Team schlichtweg das aktivere war. Das zeigte sich auch bei den Offensiv-Rebounds, von denen die Löwen sich im ersten Viertel bereits fünf geschnappt und diese zu sehr starken neun Punkten genutzt hatten. Daran war auch der defensiv wie offensiv wichtige Jilson Bango entscheidend beteiligt, den der Gegner nur schwer in den Griff bekam.
So ging es mit einem verdienten 23:15 und besserer Trefferquote (47 Prozent, Ulm: 42 Prozent) für die Löwen ins zweite Viertel und die gaben weiterhin den Ton an. Nach einem 6:0-Lauf inklusive eines umjubelten Alley-Oop-Dunks von Jilson Bango nahm Gäste-Coach Anton Gavel sofort eine Auszeit (29:15). Die zeigte aber nur kurzzeitig Wirkung: Die Ulmer schlossen zwei Angriffe in Folge erfolgreich ab, ehe das Ramírez-Team defensiv wieder anzog und sich Stopps generierte. Insgesamt spielten die Löwen physischer, waren wacher und belohnten sich dafür mit zwei Dreiern von Kapitän Robin Amaize zur 37:20-Führung. Diesen Vorsprung erhöhten sie zwischenzeitlich sogar auf 19 Punkte (43:24, 17. Min.) und das lag auch daran, dass sie weiterhin stärker bei den Rebounds waren, besser trafen und verteidigten.
Team-Erfolg: Fünf Löwen treffen zweistellig
Einzig Ulms Spielmacher Yago dos Santos konnte in der ersten Halbzeit wichtige Akzente setzen (12 Punkte) und der übernahm in der zweiten Spielhälfte zunehmend die Kontrolle – beziehungsweise: die Löwen gaben diese ab. Die starteten bei einer komfortablen 51:35-Führung mit vier Fouls binnen zwei Minuten in das dritte Viertel, spielten mit deutlich weniger Intensität und kamen aufgrund geringer Ballbewegung kaum zu Abschlüssen. Jesús Ramírez sprach nach dem Spiel von einem inakzeptablen Viertel, in dem seine Mannschaft Persönlichkeit vermissen ließ. Das wusste der EuroCup-Viertelfinalist zu nutzen und kam über eine bessere Verteidigung und einen 15:0-Lauf auf 52:50 an die Löwen heran. Deren Rhythmus war vollkommen weg, zudem saßen Dustin Sleva, Robin Amaize und Benedikt Turudic mit ihrem jeweils dritten Foul auf der Bank. Erst in der 27. Minute sorgte Jilson Bango für die Punkte zwei und drei und blockte kurz darauf spektakulär Ulms blass gebliebenen Top-Center Bruno Caboclo.
Das war so etwas wie ein Weckruf für die Löwen, die ihre Führung auch durch einen wichtigen Dreier von Robin Amaize mit Ablauf der Wurfuhr behaupteten. Die betrug nach 30 Minuten allerdings nur noch sechs Punkte (63:57), wuchs aber trotz einiger Ballverluste schnell wieder in den zweistelligen Bereich an. Nach dem 71:59 (35. Min.) war dos Santos noch zweimal erfolgreich, ehe die Löwen endgültig für die Entscheidung sorgten. Dafür war zum einen die starke Verteidigung ausschlaggebend, die minutenlang keine Punkte der sonst so offensivstarken Ulmer zuließ. Zum anderen fanden R.J. Cole & Co. im Angriff gute Lösungen und zogen mehrfach Fouls, die zu Freiwürfen führten. 13 waren es im letzten Viertel, von denen Cole und der erneut als Topscorer überzeugende David Krämer alle trafen. So gelang ihnen ein 13:0-Lauf zum deutlichen Sieg, der feierlich vom „Oh, wie ist das schön“-Gesang der Zuschauer in der Volkswagen Halle begleitet wurde.
Trainerstimmen
Jesús Ramírez (Basketball Löwen): „Ich habe heute wieder kleine Fortschritte in unserem Spiel gesehen. In der ersten Halbzeit haben wir guten Basketball gespielt und defensiv die richtige Einstellung gezeigt. Dos Santos hat dennoch wie verrückt gepunktet, er ist allerdings auch ein sehr guter Spieler. Leider haben wir teilweise unsere Kreation eingestellt und nur zwölf Assists. Generell war unser Spiel aber gut, bis auf das dritte Viertel. Das war nicht akzeptabel. Wir wissen, wie gut Ulm ist und haben da keine Persönlichkeit gezeigt. Wir foulen viermal in zwei Minuten und das darf alles nicht passieren, weil es uns das Spiel kosten kann. Nach ihrem Comeback sind wir wieder aufgewacht und waren wieder gut. Aber ich will keine Extreme sehen: wir müssen nicht super gut sein, dürfen als Team aber auch nicht komplett verschwinden. Zum Schluss möchte ich Ulm für Mittwoch noch alles Glück dieser Welt wünschen, vielleicht schaffen sie es ins EuroCup-Halbfinale.“
Anton Gavel (ratiopharm ulm): „Glückwunsch an Jesús und seine Mannschaft zum Sieg, von dem ich denke, dass er vollkommen in Ordnung geht. In der ersten Halbzeit waren wir nicht bereit zu spielen. Es gab viel zu viele Eins-gegen-Eins-Situationen, die wir nicht lösen konnten und das gilt auch für die Offensiv-Rebounds. Und dann waren wir plötzlich 16 Punkte hinten. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir bereit sein müssen, weil wir wussten, dass Braunschweig um sein Leben kämpfen würde. Aber wir konnten ihre Energie nicht matchen. Vielleicht mit Ausnahme des dritten Viertels, wo wir sechs bis sieben Minuten defensiv unsere Stopps kreiert haben, war das insgesamt zu wenig und deshalb haben wir am Ende verdient verloren.“
Basketball Löwen: Aydinoglu n.e., Krämer 18 (6 Rebounds, 3 Ballgewinne), N. Tischler 1, van Slooten, Myles 14, Bango 16 (7 Rebounds, 3 Ballgewinne), Fru, B. Tischler, Sleva 8, Cole 11 (6 Assists), Amaize 12, Turudic 4.
ratiopharm ulm: dos Santos 29 (3 Assists), Paul 9, Christen 3, Bretzel 2, Herkenhoff, Nunez 3, Klepeisz 5 (3 Assists), Hawley 4, Jallow 6, Zugic, Caboclo 6 (5 Rebounds), Fuchs n.e..
Quelle: PM 16.04.2023