Kenny kriegt die Krise - Nationalkrise
Kenny kriegt die Krise - Nationalkrise
Na, wer soll es denn werden. Brasilien, Argentinien, England, Italien, Holland oder am Ende sogar der Gastgeber höchst selbst?!
Vor gar nicht allzu langer Zeit ein auch mir nicht allzu fremder Gedankengang. Leider vermiest einem zur Zeit so ziemlich alles, vielleicht abgesehen von Schlafen, gehörig die Lust auf das Spiel der Spiele. Wo man hinschaut, hinhört oder auch nur zufällig den entlang schreitet, überall wird man bombardiert, mit mehr oder minder plumpen Andeutungen auf den Kick der die Welt bedeutet. Sei es Bier, Baumarkt, oder Bausparkasse, alle setzen darauf bis Mitte Juli nur möglichst oft das Runde ins Eckige zu bekommen, ohne dabei zuviel an den internationalen Verband abdrücken zu müssen, der einem Hamburger Bäcker sogar schon die Brötchen verbieten wollte, nur weil deren Name angeblich bereits geschützt worden war. Was und wie man etwas bis zum Ende des Spektakels sagen darf, bestimmt dieser Dachverband und sein so gar nicht neutraler Vorsitzender.
All diese Dinge sollten eigentlich niemanden interessieren, müssen wir uns jetzt doch viel eher kollektiv darauf konzentrieren, die ganze Welt auf einmal bei uns zu Gast zu haben. Da die Nachfrage zwar auch das Angebot bestimmt, noch mehr aber den Preis, sollte sich ja auch der eine oder andere Gastgeber mal eben zwischendurch an seinem mondänen Besuch gesund stoßen können. Diesem hohen Ziel, können zu guter Letzt auch keine kleinen begeisterungsfähigen Nachbarvölkchen im Weg stehen, die bei ihrem bevorstehenden Einfall, eigene Unterkunft und gepanschtes Bier gleich mitbringen. An einer Anhängerkupplung. Was hat man schon von Leuten zu halten, die bei einem solchen Ereignis, in der Heimat des guten Gerstensafts, lieber ihre eigene Chemieplörre anschleppen.
Selbst das lockere Lästern über den Erzfeind mag einem langsam die Stimmung rauben, springt doch sogleich ein Konsolenhersteller auf den Zug und missbraucht eine alte Tradition ehrlicher Abneigung, um den virtuellen Abklatsch des Deutschen liebster Nebensache an den Mann, beziehungsweise den pubertierenden Gamer zu bringen. Kein Produkt, keine Dienstleistung, die nicht mit Hilfe eines oder mehrerer aktueller oder bereits auch schon fast Vergessener Dribbelkünstler um die Gunst des Konsumenten buhlen.
Irgendwo zwischen amüsant und tragisch mutet es an, wenn in, natürlich schon lange vor den hochdramatischen und doch so belanglosen Auswahlprozessen abgedrehten Werbeclips, die ehemalige Nummer eins die Pille abgreift, während der Nachfolger noch schnell im Finale eines anderen Wettbewerbs, Spiel entscheidend vom Platz fliegt. Oder der einzige deutsche Brasilianer dann doch überraschend im eigenen Land zu Hause bleiben kann/darf/muss.
Die Erwartungen des gemeinen Deutschen an seine, im internationalen Vergleich, doch eher kreisklassig anmutende Elf, sind hoch. Fast so hoch wie die Schulden in die sich Bund und Länder gestürzt haben um die ganze Welt bei Freunden zu bewirten, um sie dann über die im Grabe rotierenden Leichen des Carl Benz und Gottlieb Daimler, mit südostasiatischen Autos in die Christo-mäßig verfremdeten Volksparks, Niedersachsen- oder Olympiastadien der Nation zu chauffieren. Wer sich da überhaupt noch wundert hat bestimmt den Startschuss verpasst. Zum großartigsten Großereignis seit immer. Kaum sind wir Papst, schon sind wir Weltmeister. Und wenn nicht auf dem Rasen, dann doch vor dem Fernseher, dem schicken flachen. Du bist Heimspiel, Minisalami und alkoholfreies Weißbier. Ich bin Bananenflanke, Ecke und Freistoß. Und im Urlaub bis zum 10. Juli, sonst krieg ich hier noch die Krise.
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)