"Would You like to have boiled or scrambled eggs?"
"Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein."
So ist es mittlerweile, der EU sei Dank, auf vielen Zigarettenpackungen zu lesen. Doch was des Einen Freud' ist, ist des Anderen Leid. Obwohl viele Menschen der jüngeren Generation um ihre Fruchtbarkeit besorgt sind, gibt es auch solche, die mit ihrer Familienplanung abgeschlossen haben, sei es, weil sie bereits Kinder haben oder weil sie keine haben möchten.
Wie auch immer die zuletzt genannte Personengruppe investiert monatlich horrende Summen für kleine, runde Pillen, Latextüten, Kupferspiralen und was weiß ich noch alles. Ich für meinen Teil habe es lange Zeit mit Rauchen probiert, allerdings ohne Erfolg. Vermutlich bin ich für die weibliche Eizelle noch genauso "gefährlich" wie eh und je. Was hat sie also gebracht, die jahrelange Raucherei? Das erhöhte Risiko eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts, Husten und ein tiefes, dunkles Loch in meinem Portemonnaie. Als Kontrazeptivum haben sich Zigaretten aus eigener Erfahrung allerdings nicht bewährt. Also höchste Zeit, einfach damit aufzuhören.
Doch einmal davon abgesehen, dass das "einfach aufhören" alles andere als einfach ist, löst es leider auch nicht die Probleme der zweiten Finanzfalle: Die Verhütungsfrage!
Kondome sind toll. Sie schützen vor diversen Erkrankungen, verhindern Schwangerschaften und falls es mit dem Sex mal nicht klappt, kann man sie immer noch auf dem Geburtstag der Kinder, die zu der Zeit gezeugt wurden, als man keine Kondome benutzt hat, als Luftballons verschenken. In einer festen Beziehung empfinden die meisten Männer (und ich habe mir sagen lassen, dass dies auch für einige Frauen gilt) die Latextütchen als ziemlich lästig.
Hormonelle Verhütung für den Mann gibt es nicht und die Frauen haben ab Vierzig meist (mit Recht) genug davon, ihrem Körper täglich die Chemokeule zu verpassen.
Was bleibt also übrig? Klar, die Vasektomie für den Mann.
Dabei wird in einer kleinen, ambulanten OP, meist unter örtlicher Betäubung, der Samenleiter durchtrennt, so dass es nach wenigen Wochen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vorbei ist mit der latenten Gefahr der langsam außer Kontrolle geratenden Großfamilie.
Die OP selbst dauert etwa zwanzig Minuten, ist technisch einfach und meist komplikationslos. Das gleiche Vorgehen bei einer Frau ist da schon eine Ecke heftiger, da es sich bei der Sterilisation um eine Bauch-OP handelt, die grundsätzlich in Vollnarkose durchgeführt wird und leider nicht immer so reibungslos verläuft wie das männliche Äquivalent des Eingriffs.
Das eigentliche Problem an dieser "einfachen, komplikationslosen und schnellen Operation" ist aber, dass sie bei einem Mann durchgeführt wird. Da das Schmerzempfinden und das subjektive Angstgefühl zwischen Mann und Frau ungefähr die gleichen Differenzen aufweist wie ein Zehn-Cent-Stück im Vergleich zum fünften Planeten unseres Sonnensystems, ist eine Vasektomie beim Mann (aus subjektiver Sicht) also durchaus vergleichbar mit einer Bypass-Operationen bei einer Frau, die nebenbei noch die Weisheitszähne gezogen und ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt bekommt und das alles während einer deftigen Schweinegrippe.
Aber so sind wir Männer nun einmal: Außen kantig und Innen eher zart. Es soll ja Frauen geben, die darauf stehen, wenn Männer Gefühle zeigen. Also, schickt euren Liebsten zum Urologen und ihr bekommt diese Gefühle pur: Die nackte Angst!
Dennoch habe ich mich zu diesem komplizierten, höchst riskanten Eingriff (natürlich nur subjektiv betrachtet) entschieden.
Bei dem Gespräch mit dem Urologen dachte ich, dass ich mich zunächst entscheiden müsste, ob ich das Ganze mit einer örtlichen Betäubung (wie üblich) oder unter einer Vollnarkose durchführen lasse. Weit gefehlt. Der Arzt sah mich nur an und empfahl mir sofort, den Eingriff in einer Tagesklinik zu machen. Natürlich unter Vollnarkose. So viel zu dem Gerücht, Männer könnten ihre Gefühle und Ängste jederzeit verstecken.
Doch was soll's? Mein Urologe hat mir einen riesigen Gefallen getan, in dem er mir diese schwere Entscheidungen abgenommen hat. Hätte ich selbst die Wahl treffen müssen, wäre ich vermutlich altersimpotent geworden, bevor ich mich entschieden hätte.
Außerdem, das kam bei dem Gespräch mit der Anästhesistin heraus, kann so eine Vollnarkose ja auch eine interessante Erfahrung sein. Während sich viele Süchtige ihren Stoff mit Backpulver gestreckt und für teures Geld in verlassenen Hinterhöfen besorgen müssen, bekomme ich meinen auf Privatrezept und werde bei der Applikation desselben von einer erfahrenen Ärztin überwacht.
So viel zur Theorie. In der Praxis sieht das Ganze einen Tag vor der OP ganz anders aus. Spätestens, wenn Mann (denn auch das scheint neben der erhöhten Schmerzempfindlichkeit eine typische Männerdomäne zu sein) sich im Internet über die Nebenwirkungen von Benzodiazepinen, Hypnotika und Opiaten informiert hat, oder noch schlimmer: wenn er aufgrund seines alten Berufs medizinisches Hintergrundwissen hat, vergeht einem doch ein wenig die Lust auf eine ärztlich verordnete Traumreise.
Was passiert, wenn ich zu wenig bekomme? Kann ich dann die Anästhesistin wegen Unterschlagung belangen? Was, wenn ich zu viel bekomme? Muss ich dann drauf zahlen? Was ist, wenn ich anatomische Absonderlichkeiten habe, die bisher noch keiner festgestellt hat, und wenn es unmöglich ist, mich zu intubieren?
Es sind zahlreiche Fragen und Horrorszenarien, die einem kurz vor der OP durch den Kopf gehen. Zwar gibt es für den Abend vor dem Eingriff eine Valium, aber die hilft bestimmt nicht (Ja, liebe Damen, auch das ist wieder eine typisch männliche Unterstellung wir Herren der Schöpfung wissen natürlich besser als jeder Arzt und die Natur, wie ein Beruhigungsmittel bei uns wirkt).
Fazit ist aber: Wenn sich ein Paar gegen weitere Kinder entschieden hat, so ist die Vasektomie eine Option, die man auch als Mann durchaus in Erwägung ziehen kann. Klar, der Gedanke, dass man einen Urologen an seinem besten Stück rumschnippeln lässt, weckt erst einmal Unbehagen, ein Tag vor der OP steigt der Blutdruck auf 180/100 und der Ruhepuls liegt bei 120, aber die Aussichten, nach der Operation auf die lästigen Latexteile verzichten zu können und überdies noch als "cooler Checker" da zu stehen, der hart genug war, das Ganze über sich ergehen zu lassen, ohne mit der Wimper zu zucken, sind schon verlockend.
Gegen die Aufregung habe ich nach langem hin und her dann auch noch ein Mittel gefunden: Nichts lenkt so sehr ab, wie das Schreiben von Kolumnenbeiträgen.
So, und nun wird es Zeit für meine Valium.
Andreas Altwein