Der Neujahrsputz: Mensch vs. Hund
Immer wenn Silvester vorbei ist, ich mich endlich daran gewöhnt habe, das Datum richtig zu schreiben und die ersten guten Vorsätze schon vergessen sind, kommt mein wichtigster Vorsatz um die Ecke: Der Neujahrsputz.
Ich persönlich halte vom Frühjahrsputz gar nichts, denn wenn erstmal Frühling ist, dann habe ich Lust alles zu tun, außer zu putzen. Dann möchte ich viel rausgehen, die Wärme genießen und bei langen Hunde-Spaziergängen endlich nicht mehr frieren. Meine Wohnung komplett zu putzen passt da dann wirklich nicht mehr in meinen Zeitplan. Darum mache ich das Anfang des Jahres. Noch höchst motiviert, was man 2015 alles schaffen will, putzt es sich viel leichter. Und im Gegensatz zu "gesünder ernähren", "sich mehr bewegen", "mehr für die Uni lernen" und "weniger Fernsehen", ist das Putzen ein Vorsatz, der sich an nur einem Tag umsetzen lässt.
Natürlich bin ich auch sonst ein kleiner Putzteufel. Das kommt von ganz alleine, wenn man mit einem Hund zusammen lebt, der so viele Haare verliert, dass man sich daraus ohne Probleme einen neuen Hund basteln könnte. Der sich draußen gerne im Schlamm wälzt, aber nicht gerne abtrocknen lässt. Der beim Fressen kleckert und krümelt. Kurz gesagt: Wenn ich diese Wohnung nicht an meinen Hund und seinen Dreck verlieren will, muss ich hinter ihm herräumen. Doch der Neujahrsputz ist noch etwas ganz anderes, denn da putzt man in Ecken, an die man sonst nicht mal denken mag und findet Dinge, die längst vergessen waren.
"Wie kommen die Hundehaare hinter das Sofa? Was macht denn das Leckerli zwischen den Kabeln hinter meinem PC? Ach und hier hat sich das verschollene Spielzeug versteckt." Während das Putzen für mich doch eher anstrengend ist, so ist es für meinen Hund das Paradies. Helfend steht er mir zur Seite, immer darauf wartend, dass ich irgendetwas finde, was ihm gehört. Falls ich nichts finde, dann freut er sich an den kleinen Dingen des Lebens: Mir das Staubtuch klauen, den Staubsauger anknurren oder mitten durch den von mir zusammengefegten Dreck laufen. Putzen mit Hund ist nie langweilig. Ohne den Hund hätte ich vor allem gar keine Anhaltspunkte, wo ich noch putzen muss. Die Pfotenabdrücke auf dem Boden verraten genau, wo ich noch nicht gewischt habe. Im Internet finden sich seitenlange Forenbeiträge, in denen darüber diskutiert wird, wie man solche Abdrücke am besten wegbekommt. Ich halte es da ganz klassisch: Ein Eimer Wasser, ein Wischlappen und gefühlte 100 Liter "Sommerbriese Putzmittel". Das ist ein bisschen schade für die Putzmittel-Industrie, die bestimmt schon ein Mittel ganz speziell für Hundedreck erfunden hat und damit im Fernsehen wirbt. Genauso wie Raumspray für frisch duftende Räume. Wie wäre es denn mit lüften? Die Menschheit kauft auch wirklich alles.
Als ich gerade die Fenster putze, sehe ich, wie sich hinter dem Park die Wolkendecke zuzieht. Also schnell den Hund und mich angezogen und ab nach draußen, bevor es regnet. Dort vollzieht Jamie dann seine Art von Neujahrsputz. Stöckchen werden von rechts nach links getragen oder aufgegessen, der Dreck auf dem Boden liebevoll mit dem eigenen Fell eingesammelt. Gut, dass ich Zuhause erst den Boden gewischt habe. Doch die Hauptsache ist, der Hund ist zufrieden. Er fetzt durch jedes Gebüsch, gründlich wie er ist, sichtlich hoffend, dass dort ein anderer Hund vielleicht ein Spielzeug vergessen hat. Doch Jamie hat Pech. Hier draußen findet sich nichts anderes, wie sonst auch. Was für eine enttäuschende Aufräumaktion des Parks. Ein besonders schöner Stock wird trotzdem mit nach Hause getragen von Jamie, nicht von mir und dort vermutlich irgendwo so gut versteckt, damit ich ihn mit viel Pech erst nächstes Jahr beim Neujahrsputz wieder finde.
Während mein Hund völlig ausgeruht in seinem Körbchen schläft, verrücke ich die letzten Möbel, um dahinter zu putzen und sortiere noch ein bisschen aus den Küchenschränken aus. Wenn ich darüber nachdenke, wie viele Menschen es gibt, die jede Woche so einen Zauber in ihrer Wohnung veranstalten, bewundere ich diese doch sehr. Allerdings frage ich mich auch, wie es wohl bei denen aussieht, die es nie tun. Obwohl man das vermutlich lieber nicht wissen möchte.
Der Müll ist voll, unser Tag ist vorbei. Die Wohnung blitzt und blinkt, überall riecht es nach frischer Sommerbriese, wie es die Packung versprach, und ich sehne mich danach, dass endlich Sommer ist. Vom Meer träumend liege ich auf dem Sofa und neben mir liegt mein Hund, zufrieden kauend auf seinem lang vermissten Spielzeug. Allein für diesen Anblick hat sich das Putzen doch gelohnt.
Text: Annika Schwedhelm