Interview mit Körpersprache-Experte Stefan Verra
Wer kennt das nicht: Man sieht eine Person zum ersten Mal und findet sie sofort sympathisch oder unsympathisch. Und das, noch bevor die Person ein einziges Wort geäußert hat. Dies alles geschieht binnen weniger Sekunden. Doch warum? Die Erklärung ist relativ simple: Der erste Eindruck wird bis zu 80 Prozent aufgrund der Körpersprache des Gegenübers gebildet. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass nonverbale Signale einen fünfmal stärkeren Eindruck hinterlassen als verbale. Die Körpersprache ist folglich besonders aussagekräftig und beeinflusst die zwischenmenschliche Interaktion bereits, bevor die verbale Kommunikation beginnt. Der US-amerikanische Psychologe Albert Mehrabian fand sogar heraus, dass die kommunikative Botschaft einer Person lediglich zu 7 Prozent verbal übermittelt wird, dafür aber 38 Prozent vokal, also durch Stimmlage und stimmlichen Äußerungen, geschehen und beachtliche 55 Prozent auf nonverbaler Ebene ablaufen.
Nonverbale Kanäle regeln also folglich weitaus stärker die zwischenmenschliche Beziehung und sind gelegentlich sogar vollständiger Ersatz für mündliche Mitteilungen. Daher ist es von entscheidendem Vorteil, die unterschiedlichen nonverbalen Signale erkennen und verstehen zu können. Sie ermöglichen beispielsweise in beruflichen Situationen, die Entschlüsselung geheimer Botschaften, das Erkennen von Hierarchien und Einstellungen, sodass hier eine aktive Einflussnahme auf die Entscheidungen des Gesprächspartners einen deutlichen Vorteil liefern kann. Aber auch im Liebesleben kann das Wissen über nonverbale Signale helfen, den Partner besser einzuschätzen. Nur die wenigsten Menschen sind sich dieser Erkenntnisse bewusst. Doch ein Mann möchte dabei helfen, diese nonverbalen Signale besser entschlüsseln zu können und mit den Vorurteilen über vermeidlich richtige oder falsche Körpersprache aufräumen: Stefan Verra.
Stefan Verra ist ein Experte seines Fachs und gehört zu den gefragtesten Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum. Er ist Trainer für Großunternehmen, TV-Experte, Dozent an der Steinbeis- Hochschule Berlin und Autor des Buches "Die Macht der Körpersprache im Verkauf: Überzeugend und mitreißend kommunizieren". Mit seiner Bühnenshow "ERTAPPT! Wenn der Körper spricht." tourt der 41-jährige Österreicher gerade durch Deutschland. Dabei entschlüsselt er mit fundiertem Fachwissen, fesselnder Bühnen-Präsenz und großem Unterhaltungswert die Geheimnisse der non-verbalen Kommunikation wie kein anderer und versteht sich darauf, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Sprache unseres Körpers leicht verständlich und überaus humorvoll zu vermitteln.
Am 7. Oktober 2014 ist Stefan Verra mit seinem Programm in der Brunsviga in Braunschweig zu Gast. Kerstin Lautenbach-Hsu sprach vorab exklusiv für BS-Live mit dem gefragten Körpersprache-Experten.
Interview mit Stefan Verra
Stefan, wie bist Du dazu gekommen, dich beruflich mit dem Thema "Körpersprache" zu beschäftigen?
Es hat keinen Initialreiz gegeben, sondern es ist eher schleichend gekommen. Ich hab mich von später Kindheit an mit Körpersprache beschäftigt und habe dann irgendwann einfach angefangen, darüber zu sprechen. Ich habe auch keine dieser "klassischen" Ausbildungen.
Was wäre für Dich eine klassische Körpersprache-Ausbildung?
Eine klassische Körpersprache-Ausbildung gibt es ja eigentlich nicht! Man würde vielleicht die Psychologie dazuzählen. Ist aber natürlich keine Körpersprache-Ausbildung. Ich hege auch eine gewisse Skepsis, die Körpersprache als Vehikel der Psychologie zu betrachten. Stichpunkt: Angela Merkel. Man kann einfach nicht die Angela Merkel anhand ihrer Handhaltung in ein Psychogramm stecken. Man kann nur erklären, warum der Körper diese Haltung einnimmt. Aber welche psychischen Vorgänge dahinter stecken, bleibt maximal eine Vermutung und das ist nicht die Aufgabe von Körpersprache-Experten.
Muss man für das Lesen von Körpersprache eigentlich eine besondere Begabung mitbringen?
Was ich von Kindheit an mitbekommen habe und ich glaube, das ist das wichtigste der Blick dafür. Ich habe eine gewisse Grundskepsis in mir also im griechischen Sinne. Ich bin kein negativer Mensch, aber ich habe eine Art Hinterfragungstendenz in mir. Ich bringe einfach mal ein Beispiel: Eine Person sagt, er ist kompetent, aber sein Körper sagt etwas anderes, dann bleibt bei jedem Menschen ein komisches Gefühl. Diese Person redet dann zwar klug daher, aber keiner glaubt ihm. Das hat man in jedem Unternehmen. Und man fragt sich in so einem Fall natürlich: Meine Güte, wie ist er bloß in diese Position gekommen? Das gibt es in jedem Unternehmen, das gibt es in jeder Regierung, das gibt es in jedem Land. Und ich habe hinterfragt, warum das so ist und habe versucht, das Körperliche dabei zu erkennen.
Hast Du den Eindruck, dass Dich Deine Familie auf Deinem Weg beeinflusst hat?
Ich komme aus einem Künstlerhaushalt, mein Vater und dessen Vater waren beide bildende Künstler. Und ich hab von frühester Kindheit an gesehen, wie zum Beispiel aus einem Baumstamm ein Akt wurde. Und wenn man zuschaut, wie aus einem Klotz ein feingliedriger Akt entsteht und dabei erkennt, was es für einen Unterschied macht, wie die Figur z. B. die Hand hält, das ist ein dramatischer Unterschied. Und dabei bekommt man auch gleichzeitig einen Blick dafür, ob die Proportionen stimmen. Das heißt, ich bin damit aufgewachsen. Und irgendwann hab ich begonnen, den Dingen auf den Grund zu gehen. Aber das wichtige ist: Zuerst musst Du den Blick dafür haben und erst danach kannst du es ergründen.
Du zählst zu den gefragtesten Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum. Wie bist Du so bekannt geworden?
Ich hab diesen Blick gehabt, der sehr nüchtern war und ich habe begonnen, darüber zu sprechen und es sind sehr schnell Mediziner auf mich aufmerksam geworden. Ich spreche an sehr vielen Universitäten als Gastredner, bin Dozent auf der Steinbeis-Hochschule in Berlin und mach das weltweit. Sogar in China habe ich schon gesprochen. Ich glaube, der Schlüssel war, dass ich mich mit dem beschäftigt habe, was körpersprachlich glaube ich das relevanteste ist und das ist das Steuerorgan des Körpers - unser Gehirn. Wenn man sich mit Körpersprache beschäftigt, muss man sich notwendigerweise mit Neurologie beschäftigen. Man muss wissen, wann welche Gehirnteile aktiv werden. Man muss wissen, warum unser erster Eindruck so entscheidend ist und man muss wissen, woher der erste Eindruck kommt. Und dann hab ich mich auch mit Medizinern befasst, die sich mit der Muskulatur beschäftigen. Wir haben zwei Muskelfasern die phasischen und die tonischen - und daraus hab ich wiederum meine Schlüsse aus meinen Verhaltungsforschungen gezogen. Und all diese Kenntnisse haben mir geholfen, einen nüchternen Blick auf die Körpersprache zu bekommen.
Was sind die Ziele, die Du mit Deiner Arbeit verfolgst?
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die Körpersprache ein wenig zu entrümpeln, sie von all diesen Oberbauten, die sie bekommen hat, zu befreien. Ein sehr bekanntes Beispiel ist, dass das Verschränken der Arme, dass immer mit Verschlossenheit in Verbindung gebracht wird. Das ist allerdings völliger Humbug! Man kann an verschränkten Armen nur zwei Signale erkennen: das eine ist, dass sich auf der äußeren Hautseite der Arme weniger Rezeptoren befinden als auf der Arminnenseite. Und damit bekommt der Mensch, der die Arme verschränkt, einfach weniger Umweltinformationen. Und das Zweite: Er ist nicht bereit, schnell aktiv zu werden. Aber ob der Mensch jetzt per se verschlossen ist, kann man nicht sagen. Einzelsignale halte ich für problematisch.
Man muss also folglich die Körpersignale immer im Gesamtkontext betrachten?
Richtig, man muss Körpersprache im Gesamten betrachten. Und jetzt gehe ich noch einen Schritt weiter: Man muss sogar den gesamten Raum betrachten. Jetzt stell dir vor, jemand arbeitet in einem Unternehmen und da gibt es einen neuen Chef. Man geht das erste Mal in das neue Büro des Chefs, den man noch nicht kennt, man klopft an, macht die Tür auf und das Büro ist rosarot gestrichen und überall stehen Barbie-Puppen herum. Das ist jetzt zwar ein brutales Beispiel. Aber alleine das Bild seiner Höhle hat einen unglaublichen Einfluss darauf, wie wir diesen Menschen wahrnehmen. Weil wir, wenn wir eine Höhle betreten, diese in irgendeiner Art und Weise für uns in Anspruch nehmen. Das heißt, Körpersprache endet nicht am Körper! Alleine an der Tatsache, wo wir unsere Sachen in einem Raum verteilen, gibt schon Auskunft darüber, wie wohl wir uns dort fühlen. Über das archaische territoriale Verhalten gibt es zahlreiche und teilweise sehr witzige Studien. Ich schreibe gerade über das Territorialverhalten und es ist ganz spannend zu sehen, wo Männer und Frauen in ihren Wohnungen ihre Zeitungen, Schüssel und Wäsche verteilen. Es sagt viel über die Persönlichkeit und wie sie sich in der Umgebung fühlt aus.
Kommen wir doch mal zu einem der schönsten Bereiche des Lebens. Kommen wir zur Liebe und zum Flirten. Gibt es die Liebe auf den ersten Blick?
Ja, das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Es gibt die Liebe auf den ersten Blick. Aber man darf es nicht in den falschen Hals bekommen. Das ist nicht so, dass ich einen Menschen sehe und weiß, mit dem werde ich mein ganzes Leben zusammen verbringen, sondern in diesem Moment werden somatische Körper ausgesandt. So werden Zustände erreicht, die die Möglichkeiten reduzieren.
Inwiefern Möglichkeiten reduzieren?
Ich sehe einen Menschen das erste Mal und es gibt so viele Möglichkeiten, wie ich mit ihm verfahren könnte. Und was unser Körper in diesem Fall schnell machen muss: er muss die Möglichkeiten reduzieren. Wenn der Säbelzahntiger bei der Tür hereingekommen ist, hast Du auch nicht überlegen können, wie sind seine Muskeln und so. Sondern blitzschnell muss der Körper Möglichkeiten reduzieren, so dass in diesem Fall nur noch die für Flucht übrig geblieben ist. Beim Flirten ist es das Gleiche. Wir verlieben uns nicht im romantischen Sinne in jemanden, sondern von dem Moment der Begegnung an, gibt es drei Möglichkeiten: Erstens, ich finde diesen Menschen gefährlich. Dass ist ausgeschlossen, weil ich finde ihn nicht gefährlich. Zweite Möglichkeit: ich will vor ihm weglaufen, das ist auch ausgeschlossen und die dritte Möglichkeit: ich will von demjenigen mehr wissen. Und mit dieser dritten Möglichkeit werden andere Menschen ausgeschlossen. Das zeigt sich auch sofort körperlich. Wenn zwei Menschen sich verstehen, wird die Kommunikation tunnelmäßig und man schließt die Freundin daneben aus, den Typen und den Kellner. Und das ist die Basis, auf der man dann diese berühmten Schmetterlinge im Bauch spürt. Das passiert alles blitzschnell.
Wie ist das bei Menschen, die sich schon seit Jahren kennen und sich dann plötzlich ineinander verlieben?
Ja, witzigerweise passiert es auch bei Menschen, die sich in der Schule 10 bis 20 Jahren gesehen haben, dann 20 Jahre aus den Augen verloren haben und sich nach 30 Jahren plötzlich ineinander verlieben. Da haben sich einfach nur Wertigkeiten im Hirn verschoben. Plötzlich sehe ich den Menschen und weiß, dass es genau der Richtige für mich ist.
Manchmal verliebt man sich in jemanden und merkt erst nach geraumer Zeit, dass der andere doch nicht so der Traumprinz oder die Traumprinzessin ist, für den man ihn oder sie gehalten hat.
Verhaltensforscher haben nachgewiesen, dass beim Verlieben die Persönlichkeit nahezu keine Rolle spielt. Das ist auch der Ursprung vieler unglücklicher Beziehungen. Du siehst einen Typen oder siehst eine Frau und verknallst dich in die Person und dann sind rationale Gründe ziemlich egal. Da können die Freundinnen sagen: "Was willst Du mit diesem Typen?" In der Situation bist Du komplett beratungsresistent, weil rationale Gründe in diesem Augenblick keinen Zugang zu unserem Neocortex haben. Erst nach einem halben Jahr nehmen sowohl der Serotonin- als auch der Dopaminspiegel ab und die Vernunft kommt plötzlich durch und du denkst: "Was will ich mit dem Typen? Wie konnte ich nur auf den reinfallen?" Und das hat jeder von uns schon mal durchgemacht.
Kommen wir doch jetzt einfach mal zur Praxis. Was sind denn die typischen Flirtsignale bei Männern?
Da muss ich etwas ausholen. Was verlangt eine Frau beim Flirten und warum flirtet eine Frau überhaupt? Das muss man wissen! Der Mensch ist eines der wenigen Lebewesen, das keine Brunftzeit hat. Brunftzeit ist bei uns immer. Das hat natürlich Gründe! Weil es schwer war, uns zu vermehren. Wir konnten nicht sagen: im März interessiert mich das andere Geschlecht und ab April ist es mir völlig egal. Es hat nicht so viele Menschen gegeben und die Überlebenschance waren so viel geringer, dass, wenn es eine Möglichkeit gab, wir uns sofort vermehren mussten. Und wofür braucht eine Frau eigentlich einen Mann? Nur, um die eigenen Gene voranzubringen und dazu braucht eine Frau einen kräftigen Typen.
Ein Mann muss also Kraft und Gesundheit ausstrahlen?
Genau! Alle Frauen dieser Welt würden, wenn sie die Kriterien für einen Mann aufschreiben müssten, anführen: Der Typ muss größer sein als ich. Das würden wohl die meisten Frauen sagen. Warum? Evolutionär macht es natürlich Sinn: Der große Typ bringt das Feuerholz besser heran und kann mich besser beschützen. Und das ist noch gar nicht so lange her, dass das für uns wichtig war. Heute ist wichtig, dass man mit einem iPhone umgehen kann, aber vor 100 Jahren, als die Heizungen noch nicht so komfortabel waren wie heute, war Kraft tatsächlich ein wichtiger Faktor.
Was muss ein Mann noch bieten, um als potentieller Partner wahrgenommen zu werden?
Ein weiterer Punkt ist der Brustkorb. Männer ändern ihre Haltungen, wenn Frauen den Raum betreten. Der Brustkorb wird hergezeigt. Wenn man sich Fotos von jungen Männern anschaut, dann ist der Brustkorb ein ganz wichtiger Bereich. Witzigerweise auch für Frauen. D.h. wenn man sich anschaut, welches Foto am besten ankommt, dann immer das, wo ein kräftiger Brustkorb gezeigt wird.
Was kommt noch bei Frauen gut an?
Ein Knackarsch kommt an bei Frauen ebenfalls extrem gut an. Warum? Weil der Gluteus Maximus, der größte phasische Muskeln in unserem Körper, ein Signal dafür ist, dass der Mann gut springen und laufen kann. Warum wird beim Fußball oder bei der Leichtathletik immer der Knackarsch gezeigt? Weil dies ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass der Typ kräftig ist. Übrigens auch ein weiteres Kriterium: Der Mann kann gut zustoßen. Das ist ein phylogenetisch wichtiges Signal. Das heißt, ein Mann muss Kraft signalisieren und muss mehr Raum einnehmen. Damit signalisiert er auch, dass er Zugang zu Ressourcen hat. Und die braucht der Mann, um seine Gene durchzubringen. Frauen schimpfen alle über das peinliche Getue mit dem großen Auto, dem großen Haus, dem großen Einkommen. Also, wenn es ums Verlieben geht, dann findet die Frau mit Anfang 20 vielleicht den Aussteiger, den Nonkonformisten, der mit dem 500 Euro-Käfer durch ganz Europa gefahren ist, toll. Aber wenn sie Anfang 30 ist und Kinder haben will, dann nimmt sie den langweiligen Banker. Warum? Weil er in dem Augenblick mehr Stabilität und Sicherheit versprechen kann.
Es geht beim männlichen Werben also ums Beeindrucken? Was machen Männer noch so, um Frauen für sich zu gewinnen?
Sie zeigen ihren Genitalbereich. Ein superpeinliches Signal. Das mache ich immer auf der Bühne und frage die Zuschauer, ob sie ein super peinliches Signal vom Mann kennen. Meist ist die Antwort "Nein, kenne ich nicht" und dann anstelle ich mich breitbeinig auf die Bühne und stecke die Daumen in die Hosentaschen, die und die übrigen Finger rahmen dann den Genitalbereich ein. Und auf einmal liegen alle vor Lachen auf dem Boden. Und was machen Männer dabei häufig noch? Sie wirken noch mit dem Becken vor und zurück. In dem Augenblick bricht der Saal nieder vor Lachen. Und zwar nicht, weil ich etwas erfunden habe, sondern weil es so ist. Oder noch ein anderes Beispiel: Männer sitzen breitbeinig da. Das hat neben dem Territorialverhalten nur ein einziges Signal: die Geschlechtsorgane herzuzeigen. Und das zeige ich den Männern in meiner Show und bringe sie zum Lachen. Ich sage ihnen: "Wenn du das nächste Mal in der Bahn gegenüber von einem Typen sitzt und ihr sitzt euch beide breitbeinig gegenüber - alle wissen Bescheid, worum es bei euch beiden geht". Dann ist das Gelächter natürlich immens.
Kommen wir mal zu den Frauen. Was sind typische weibliche Flirtsignale?
Bei den weiblichen sexuellen Signalen geht es immer um Vitalität. Es geht zum Beispiel um das breite Becken. Frauen sagen zwar immer: "Das ist nicht gut", aber beim Flirten ist es total wichtig, Männer stehen darauf. Ich komm gleich mal zur Mode. Frauen tragen hochhackige Schuhe, aber nicht, weil die so schön aussehen, sondern weil dadurch das Becken nach hinten gedreht wird. Sie machen nicht größer, sie machen nicht schöner, das entscheidende ist, die Schuhe helfen, das Becken nach hinten zu drehen. Dadurch schwingt das Becken mehr und das Gesäß wirkt weitaus größer als es tatsächlich ist. Über die Brust bräuchte ich eigentlich nicht zu reden, das ist eigentlich klar. Die Brüste werden vergrößert, zum Beispiel mit Push up-BHs, weil sie dem Mann versprechen, dass die Frau damit den Nachwuchs optimal versorgt.
Frauen spielen ja auch gerne mit ihren Haaren beim Flirten!
Genau. Gepflegtes langes Haar hat immer den Effekt, dass es Gesundheit verspricht. Wenn man krank ist, verliert das Haar an Glanz. Das ist auch gut zu beobachten, wenn Frauen an einem Spiegel vorbeigehen. Dann richten sie zuerst immer ihre Haare. Das mach ich auch immer auf der Bühne und das ist dann der Teil, wo alle vor Lachen am Boden liegen.
Wir hatten gesagt, dass es beim Mann immer um die Darstellung von Kraft und Gesundheit geht. Kann man die weiblichen Signale auch so vereinfacht darstellen?
Ja, insgesamt verspricht die Frau zwei Dinge: Zum einen Vitalität und Gesundheit und zum anderen geht es um "ich will beschützt werden". Und das ist natürlich wichtig, denn in diesem Augenblick macht die Emanzipation kurz Pause. Selbst die emanzipierteste Frau, wird, wenn sie sich in einen Mann verliebt, sich ihm in ihrer Körpersprache unterordnen: Der Kopf geht nach unten, der Blick ist seitlich von unten nach oben und sie zeigt auch noch ihren verletzlichen Hals und sie nimmt dabei wenig Territorium ein. Die Emanzipation an sich bleibt zwar, aber im Moment des Verliebens gibt die Frau alle Ihre Selbständigkeits- und Überlegenheitssignale auf und ordnet sich unter.
Dieses Wissen nutzt man zum Beispiel auch bei Social Media-Fotos. Männer sollten dabei gerade schauen, Frauen kommen am besten an, wenn sie seitlich umschauen, etwa wie Renee Zellweger wenn sie über den roten Teppich geht und seitlich über ihre Schulter schaut. Das ist bezeichnet man als Kindchen-Schema.
Du hast neulich in einem Interview von der "Nase-Nabel-Regel" gesprochen. Kannst Du die mal kurz für unsere Leser erklären?
Wenn ein Mensch kein Interesse an jemandem hat, dann schaut er weg. Wenn er ein wenig Interesse an einer Person hat, dann schaut er mit den Augenwinkeln und der Nase zu der Person und wenn er wirkliches Interesse an dieser Person hegt, dann schaut er sowohl mit der Nase als auch mit dem Nabel genau in die Richtung. Das heißt, je mehr wir dem anderen von unserer Körpervorderseite zeigen, desto mehr Interesse ist einfach da.
Du bist ja gerade mit Deinem neuen Programm ""ERTAPPT! Wenn der Körper spricht." auf Tour. Was erwartet die Besucher Deiner Show?
In der Show mache ich nichts Reißerisches. Ich hab total in der Wissenschaft verhaftet. So etwas wie Lügen erkennen, das ist nicht möglich. Schon alleine neurologisch ist es nicht möglich. Und ich beschreibe den Leuten auch auf der Bühne beispielsweise, warum es nicht möglich ist. Und ich hoffe, dass ich den Leuten mit viel Humor näherbringen kann, dass Körpersprache kein Werkzeug ist, um seine kurzfristigen Ziele durchzubringen. Ich verfolge mit meiner Show zwei Missionen: Erstens, den Leuten ihr Halbwissen zu nehmen und zweitens, den Leuten die Angst zu nehmen, sie würden etwas falsch machen mit der Körpersprache. Es gibt keine falsche Körpersprache. Ich sage zu den Leuten am Anfang der Show: Schaut s mal auf ihre Füße" und weißt Du, was die machen? Die fangen an zu korrigieren. Und dann frage ich: "Warum korrigierst du? Jetzt nimmst Du zum ersten Mal deine Füße wahr und glaubst, du machst grundsätzlich etwas wahr?" Es gibt keine falsche Körpersprache. Ein Großteil der Körpersprache ist sogar genetisch vorveranlagt. Eins kann ich aber versprechen: Die Leute werden am Ende der Show nicht wissen, ob sie mehr gelernt oder mehr gelacht haben.
Vielen Dank, lieber Stefan für dieses spannende und humorvolle Interview! Ich denke, dass unsere Leser schon einen sehr guten Vorgeschmack erhalten haben, was sie bei Deiner Show erwarten wird! Es wird viel gelacht werden, da bin ich mir ganz sicher!
Weitere Infos
Wer Stefan Verra live erleben möchte: Am 7. Oktober 2014 ist Stefan Verra um 20 Uhr mit seinem Programm in der Brunsviga zum Gast. In seinem Live-Programm lüftet der Körpersprache-Experte die Geheimnisse nonverbaler Verständigung. Er hat das fachmännische Auge, den kompetent-komischen Kennerblick für körpersprachliche Signale. In seiner urwitzigen Art enthüllt er jede Mimik, jede Gestik. Er demaskiert jede fleischgewordene Fassade, jedes theatralische Täuschungsmanöver, er entlarvt die verkleidete Diva genauso wie den Möchtegern-Macho, er enttarnt die ach-so-selbstbewusste Sicherheitsfanatikerin ebenso wie den mimosenhaften Muskelprotz. Tickets gibt es unter www.undercover.de sowie bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.
Weitere Infos zu Stefan Verra finden Sie unter www.stefanverra.com.
Ein Beitrag von Kerstin Lautenbach-Hsu für BS-Live!