Bürgermeister Thomas Pink im Interview
Über 100 Bürgerinnen und Bürger haben in einem 18-monatigem Prozess gemeinsam mit der Stadt Wolfenbüttel Visionen für die künftige Gestaltung ihrer Innenstadt erarbeitet. Sie sind die Grundlage für insgesamt 29 konkrete Projektvorhaben des Bürgergutachtens "Zukunftsprofil Innenstadt Wolfenbüttel". Die darin vorgesehenen Handlungsempfehlungen und Entwicklungsansätze sollen in einer kurz-, mittel- und langfristigen Realisierungsdauer umgesetzt werden. Folgender Leitsatz lag den Planungen zum Bürgergutachten zugrunde:
"Die historische Innenstadt ist der lebendige Ort mit Kultur und Wissenschaft. Wolfenbüttel ist die Stadt für modernes, innerstädtisches Leben und Wohnen mit Kultur und in historischem Ensemble." (Wolfenbütteler Bürgerinnen und Bürger, 2013)
Über das Konzept zur Innenstadtentwicklung sprach unserer Redakteur Dirk Exner mit dem wiedergewählten Wolfenbütteler Bürgermeister, Thomas Pink.
Dirk Exner: Herr Bürgermeister, für Ihre neue Amtszeit haben Sie sich das Ziel gesetzt, wichtige Projekte klar in einer Prioritätenliste zu benennen und zu realisieren. Was ist Ihrer Meinung nach besonders dringlich und steht damit ganz oben?
Thomas Pink: Unsere Stadt steht auf finanziell sicheren Füßen, und trotzdem oder gerade deshalb genießt unsere Stadt eine hohe Wohn- und Standortqualität. Deswegen braucht sie sich nicht vor, mit Sicherheit in den nächsten Jahren, kommenden regionalen Veränderungen zu fürchten oder zu verstecken. Aber natürlich gibt es auch Verbesserungspotenziale, beispielsweise im Bereich des Einzelhandels- und Gastronomieangebotes. Deshalb hat für mich die nachhaltige Belebung der Innenstadt besondere Priorität. Dazu zähle ich vor allem die Revitalisierung der Hertie-Liegenschaft, ebenso wie auch die bauliche Neugestaltung des Stadtmarktes und des Schlossplatzes. Ein weiteres Potenzial sehe ich ebenfalls darin, das Thema "Wohnen in der Innenstadt" für alle Zielgruppen attraktiver zu machen.
Dirk Exner: Die im Zukunftsprofil - Innenstadt Wolfenbüttel" entwickelten Visionen für die Innenstadt sehen auch vor, die kulturelle Entwicklung hier in Wolfenbüttel zu stärken. Nun gibt es schon eine Vielzahl von Angeboten - welchen Bedarf sehen Sie dort noch?
Thomas Pink: Wolfenbüttel ist eine schöne Stadt, die aufgrund ihrer eindrucksvollen Geschichte und weltbekannter Kulturinstitutionen - wie der Herzog August Bibliothek, dem Lessinghaus, oder dem Schloss Wolfenbüttel - bereits einen hohen Bekanntheits- und Wiedererkennungswert besitzt. Ich denke auch, dass wir mit zahlreichen Veranstaltungen im Lessingtheater oder der Lindenhalle schon hervorragend in unserer Region aufgestellt sind. Zum Beispiel haben wir im Juli 2014 für junge Leute bereits zum zweiten Mal das "Summertime-Festival" mit vielen regionalen und überregionalen Bands im Seeliger Park veranstaltet. Weiterhin werden wir, in Kooperation mit dem NDR, noch im August 2014 zwei große Veranstaltungen durchführen: "stars@ndr2" am 9. August 2014, sowie die "NDR Niedersachsen Sommertour" am 30. August 2014. Deswegen bin ich der Meinung, wir bieten unseren Bürgerinnen und Bürgern hier bereits eine Menge Veranstaltungshighlights. Dazu kommt auch noch eine Vielzahl von Aktivitäten unserer kulturellen Vereine. Mir persönlich liegt es darüber hinaus noch am Herzen, gemeinsam mit der Stadtjugendpflege mehr Angebote gezielt für junge Leute in unserer Innenstadt zu entwickeln.
Dirk Exner: Von August 2013 bis Januar 2014 fand die 2. Phase der Bürgerbeteiligung statt, in der 29 Projektideen erarbeitet wurden. Eine dieser Ideen mit der Überschrift "lebendige Innenstadt" schlägt zum Beispiel vor, das schon vorhandene innerstädtische Veranstaltungsangebot zu ergänzen. Gibt es da Ihrerseits bereits konkrete Vorstellungen?
Thomas Pink: Wolfenbüttel bietet im Laufe jedes Jahres eine ganze Reihe von tollen Veranstaltungen. Dabei muss beachtet werden, dass Veranstaltungen ein flexibles und variables Angebot sind. Die Auswahl an Angeboten ist groß und wird jährlich individuell abgestimmt und organisiert, wie unser bereits im zweiten Jahr organisierter Sportwettkampf "Wolfenbütteler Beach-Days" oder unsere kostenfreie Musikreihe "Krambuden klingt gut" in den Sommermonaten. Viele Formate werden als öffentliches Angebot durch die Stadt finanziert und müssen stets nachbereitet werden, denn besonders innerstädtische Events etablieren sich schnell und werden dann uninteressant und selbstverständlich. Deswegen werden neue Ideen und spontane Überlegungen anderer gerne aufgegriffen, um das Veranstaltungsangebot immer wieder zu erweitern. Dabei haben wir in den letzten Jahren schon gute Ideen entwickelt und werden auch weiterhin gemeinsam daran arbeiten.
Dirk Exner: Sie erwähnten gerade, dass die Stadt Wolfenbüttel mitunter einen Teil des Veranstaltungsangebotes finanziert. In den Planungen der Bürger ist auch die Rede davon, das Finanzbudget dafür kontinuierlich anzupassen. Ist das nicht "ein Fass ohne Boden"?
Thomas Pink: Der Rat als Vertretung der Wolfenbütteler Bürgerinnen und Bürger ist neben Bürgermeister und Verwaltungsausschuss das Hauptorgan der Stadt Wolfenbüttel. Ich glaube, die gewählten Kommunalpolitiker haben auch in diesem Punkt ein ganz genaues Auge auf den entsprechenden Finanzierungsrahmen. Natürlich muss in schwierigen Finanzsituationen, die es immer mal geben kann, eine Entscheidung zur Durchführung von Veranstaltungen in Bezug auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis getroffen werden. In diesem Prozess wird individuell festgelegt, welche Veranstaltungen wir uns als Stadt in welchem Umfang leisten können.
Dirk Exner: Es ist geplant, noch im Oktober 2014 mit der Umsetzung erster Projektvorhaben aus dem Zukunftsprofil für die Innenstadt zu beginnen. Was muss bis dahin noch alles auf den Weg gebracht werden?
Thomas Pink: Aktuell ist die 2. Beteiligungsphase mit 29 Projektsteckbriefen der engagierten Bürgerinnen und Bürgern abgeschlossen. Diese Steckbriefe wurden von der Bürgerschaft an die Politik weitergereicht. Die Fraktionen hatten am 1. Juli 2014 die Gelegenheit, die Bürgervertreter noch einmal auf die Inhalte aller vorliegenden Vorhaben zu befragen. Bis Ende Juli hat die Politik nun noch Zeit, ihre Stellungnahmen und Priorisierungen beim Projektteam abzugeben, so dass die Verwaltung während der Sommerferien daraus eine Zusammenfassung erstellt. Unser Ziel ist es, in der nächsten Ratssitzung (voraussichtlich im Oktober 2014) ein Maßnahmenpaket zu beschließen.
Dirk Exner: Welche Möglichkeiten haben die bisher unbeteiligten Bürgerinnen und Bürger jetzt noch, um sich zukünftig zu beteiligen?
Thomas Pink: Im April und Mai 2014 konnten sich alle Bürgerinnen und Bürger schon über entsprechende Berichte in unserer Konzernzeitschrift "Blickpunkt Wolfenbüttel" über die Inhalte informieren und auch auf unserer städtischen Internetseite zu den Steckbriefen Stellung beziehen. Die eingegangenen Rückmeldungen, Kommentare und Bewertungen wurden unverändert und als Ergänzung an die Politik weitergegeben. Damit ist auch diese Phase jetzt abgeschlossen. Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass in diesen einzelnen Maßnahmen aber natürlich immer wieder Teilprojekte stecken, die wiederum für sich selbst bereits einen sehr umfänglichen Planungsprozess erfordern. Dazu gehört unter anderem die Umgestaltung des Schlossplatzes. Eine mögliche Umsetzung wird nicht sofort beschlossen, sondern setzt städtebaulichen Planungen und eine Gesamtgestaltung des städtischen Umfeldes voraus. Dafür wird es auch zukünftig wieder eine Bürgerbeteiligung geben, zu der alle Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler wieder herzlich eingeladen sind.
Dirk Exner: Vielen Dank für das informative und interessante Gespräch, Herr Bürgermeister.
Sie finden weitere Informationen zum Wolfenbütteler Innenstadtkonzept online unter www.wolfenbuettel.de und www.zukunftsprofil.wolfenbuettel.de.
Ein Beitrag von Dirk Exner für BS-Live!