Im Gespräch mit Olaf Jaeschke
Olaf Jaeschke, 1962 geboren in Braunschweig, betreibt erfolgreich in der Braunschweiger Innenstadt die Galerie Jaeschke. Aber er widmet sich nicht nur der Kunst, sondern setzt sich auch mit Herzblut für die Löwenstadt ein: Er ist Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Braunschweig, Mitglied der UNION Kaufmännischer Verein von 1818, der Braunschweiger Karnevalsgesellschaft und des Verbandes der Niedersächsischen Wirtschaft sowie dem Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig (AAI). Wir haben uns mit Olaf Jaeschke in seiner Galerie getroffen, um mit ihm über sein Leben als Galerist und sein Verhältnis zur Kunst zu sprechen.
Herr Jaeschke, Sie betreiben seit Jahren erfolgreich die Galerie Jaeschke in der Braunschweiger Innenstadt. Wie sind Sie eigentlich Galerist geworden?
Die Galerie Jaeschke ist ein Familienbetrieb. Irgendwann hat mich mein Vater bei einem unserer sonntäglichen Familienfrühstücke gefragt, ob ich denn nicht Lust hätte, mich auch mit dem Kunstgeschäft auseinanderzusetzen. Und ich wollte. Nach dem Abitur habe ich erst mal in einer Galerie in Heidelberg eine klassische Lehre absolviert und anschließend überlegt, ob ich studieren soll. Wir haben aber dann im Familienrat beschlossen, dass ich eher eine praktische Ausbildung machen werde. Im Anschluss an meine Ausbildung bin ich sechs Jahre durch die Welt getingelt, war ein halbes Jahr in einer Leistenfabrik, ich war ein halbes Jahr in einer Galerie in Düsseldorf, ein halbes Jahr in London in einem Antiquariat und Auktionshaus, ich war ein halbes Jahr bei einem Gemäldegroßverlag und ich war in einem Künstlerquartier. Ich konnte zwar nicht malen, wollte aber wissen, wie das Verständnis eines Menschen ist, der als Künstler lebt und arbeitet. Als ich nach Braunschweig zurückgekommen bin, habe ich dann noch vier Jahre mit meinem Vater gemeinsam das Geschäft betrieben und als ich 30 Jahre alt wurde, ist er ausgestiegen und ich hab die Firma gekauft und übernommen. Ich habe viel verändert, habe zum Beispiel die Räumlichkeiten so lange umgebaut, bis die heutigen emotionalen Räume entstanden sind, wie wir sie jetzt erleben.
Was ist überhaupt "Kunst" für Sie?
Wie unser Slogan schon sagt: "Kunst ist, wenn das Auge das Herz berührt". Ich persönlich finde es wichtig, dass wir als Galerie für jeden, der für sich etwas Schönes für seine Räumlichkeiten haben möchte - egal mit welcher Motivation, sei es, dass er eine Dekoration braucht oder dass er Kunst sammeln möchte oder dass er eine Wand hat, für die etwas speziell von einem Künstler angefertigt werden soll, als Moderator tätig werden. Wir wollen so die Kunst in einer vernünftigen Güte und Qualität präsentieren. Es gibt auch sehr viele Hobbykünstler, die teilweise Preise aufrufen, die wir bei uns gar nicht realisieren würden, weil wir auch gegenüber unseren Kunden und unseren Künstlern in der Verantwortung stehen.
Laut Wikipedia ist ein Galerist ein kommerzieller Vermittler zwischen Künstler und Publikum. Sehen Sie sich selbst als reiner Verkäufer oder wirklich als Vermittler?
Ich denke, dass jeder, egal ob Kunsthändler oder Künstler, in dem Moment, in dem er sein Werk, das er geschaffen hat, verkaufen will, zu etwas Kommerziellem wird. Das heißt, dass sich auch Künstler nicht davon freimachen können. Natürlich ist die Branche da auch sehr unterschiedlich. Und wie verschiedene Kollegen mit ihren unterschiedlichen Ansätzen an diese Dinge herangehen. Für uns ist es schon wichtig, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen und dass wir unsere Kunden und Sammler an dieses Metier heranführen, sie begleiten und beraten. Und auf diesem Weg natürlich schauen, was für sie der richtige Schritt ist und die richtige Motivation. Und da steht zunächst einmal nicht das kommerzielle Interesse im Vordergrund. Natürlich müssen wir am Ende auch verkaufen, um von etwas zu leben, aber ich finde es schon sehr wichtig, dass man sehr stark im Dialog mit dem Kunden steht.
Was macht Ihrer Meinung nach einen erfolgreichen Künstler aus? Können Sie uns ein paar Kriterien nennen?
Die Qualität; zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein; die richtigen Partner und auch die Seriosität spielt eine wichtige Rolle. Dass man zum Beispiel nicht sofort an den Erstbesten verkauft, sondern dass man eine Strategie für sein künstlerisches Schaffen festlegt, was man mit seiner Kunst erreichen möchte. Das kann bedeuten, dass der Künstler sich zum Bespiel mit einer Galerie partnerschaftlich auseinandersetzt oder generell den Weg des Eigenvertriebs geht. Oder dass er das Glück hat, einen Sammler zu kennen, der ein Museum besitzt oder über ein gewisses Umfeld an Kunstdynamik verfügt, über die er dann die Chance hat, auf den Markt zu kommen. Aber ich denke, das wichtigste Kriterium für einen erfolgreichen Künstler ist die Leidenschaft; dass er für das, was er macht, brennt.
Die Künstler wollen ja in der Regel mit ihren Werken eine bestimmte Aussage treffen. Stehen Sie bei den Künstlern, die Sie ausstellen auch immer hinter dieser Aussage oder gibt es für Sie gewisse Grenzen?
Man muss schon hinter einer Qualität stehen. Aber es gibt sicherlich immer Kunstwerke, die einem vielleicht selbst nicht schlüssig sind, die man aber trotzdem in irgendeiner Art klasse findet. Und manchmal kann man selbst gar nicht erklären, warum eigentlich. Aber deswegen arbeiten wir ja auch bei uns im Team. Und bei 10 Mitarbeitern in der Galerie hat man natürlich auch unterschiedliche Charakterprofile, die sich mit der Kunst auseinandersetzen und die natürlich auch unterschiedliche Wahrnehmungen haben. Und das ist ja auch das Schöne, dass man dadurch auch eine gewisse Vielfalt erhält. Für mich ist die Moderation insofern wichtig, dass man den Wert des Kunstwerks bemessen kann. Ob das nun ein Preis für einen Kunstdruck für 30 oder für 80 Euro ist, bei denen man auch eine andere Substanz erwarten muss, wie für 20 Euro. Eben nun mal lichtecht, farbecht, vielleicht im Siebdruck oder auf Büttenpapier. Und dann geht es auch schon in die Malerei, wo man verschiedene Größenordnungen hat, wo sich endlich die Qualität und letztendlich auch der Name im Preis abbilden.
Legt der Künstler den Preis für sein Werk fest oder tun Sie das?
Es ist so, dass ein Verleger, der einen Künstler betreut, ja bereits einen Marktpreis hat, den er für den Künstler einbringt. Dieser Preis entwickelt sich auch, wenn der Verleger und der Künstler mit guten Galerien partnerschaftlich zusammenarbeiten und dann auch ein Preispotential da ist, dass er sich "settlen" kann. Wichtig ist auch, dass man Einkäufer hat, dass es mal Kunstausstellungen gibt, dass sich ein Künstler auch weiterentwickeln kann. Und wenn sich der Künstler entwickelt, bleibt er auch im Wert stabil oder sein Wert steigt sogar nach oben.
Wenn Sie reisen, besuchen Sie dann selbst Ausstellungen oder Galerien oder haben Sie dann "Kunstpause"?
Ja, ich besuche dann vor allem Museumsausstellungen. In Galerien bin ich sehr oft enttäuscht, weil man eben denkt, dass man etwas schönes Neues mitnehmen kann und teilweise stellt man dann aber fest, dass man einfach schon gut ist.
Sie sind von so vielen Kunstobjekten umgeben. Hat das auf Sie abgefärbt? Sprich, sind Sie selbst künstlerisch-kreativ tätig?
Nein, überhaupt nicht. In meiner Ausbildung in Heidelberg hatte ich eine Kollegin, die ist mit Strohhut und Staffelei auf die Neckarwiesen gegangen und hat mich dann irgendwann mal überredet mitzukommen. Ich hab mir zwar eine Leinwand und Farben mitgenommen und habe dann versucht, irgendwie auf dieser weißen Leinwand anzufangen. Dieser erste Strich ist schon wirklich schwer. Den ersten Ansatz, den ersten Gedanken zu fassen, das ist auch schon eine Kunst, so etwas zu können. Über diese Kunst, muss ich gestehen, verfüge ich nicht.
Bereuen Sie, dass Sie diese "Gabe" nicht haben?
Bereuen würde ich nicht sagen. Ich bin dafür jemand, der, wenn er Räume betritt, weiß, was in diesen Räumen passieren muss. Wie man diese Räume entwickelt, wie man diese Räume so mit Kunst gestaltet, dass diese Atmosphäre, den diese betreffende Person haben möchte, geschaffen wird und er sich wohl fühlt. Dass der Kunde etwas bekommt, was er schon immer haben wollte, aber nie so richtig wusste, wie man das gestalten kann. Und dafür bin ich da. Ich hab zum Beispiel zu unserer Weihnachtsausstellung eine Bilderwand gemacht, weil ich im vergangenen Jahr bei mehreren Kunden Bilderwände gestaltet habe, die alle auf ihre Art und Weise für sich spannend sind. Das hätten die Kunden schon immer gerne gehabt und haben vielleicht auch schon einen Teil der Bilder besessen, aber Sie wussten nicht, wie sie überhaupt anfangen sollten. Durch die Unterschiedlichkeit der Bilder wirken Räume auch gleich ganz anders. Das merken wir auch immer wieder, wenn wir hier diese Galerieräume vermieten. Bislang ist jede Feier, die wir hier veranstaltet haben, anders von der Atmosphäre gewesen. Einfach schon dadurch, dass hier jedes Mal eine andere Ausstellung stattfand und eine andere Bilderhängung. Und das ist das Spannende, der Rahmen der Innenarchitektur ist ja immer gleich, aber die Atmosphäre des Raumes verändert sich kolossal durch die Kunst.
Wenn Geld und andere Umstände keine Rolle spielen würden, welchen Künstler würden Sie sich gerne in Ihre Galerie einladen?
Ich hänge ja schon sehr stark an den Pop-Art-Künstlern und hätte sicherlich gerne eine Ausstellung mit Andy Warhol gehabt. Leider lebt er ja nicht mehr. Aber wir haben mit Francis Gill einen seiner Weggenossen, den wir hier ausstellen. Gill ist 84 Jahre alt und lebt vermutlich nur noch deswegen, weil er aus diesem Zirkus damals für 15 Jahre ausgestiegen ist. Dadurch konnte er einfach Luft holen und sich seine Ressourcen gut einteilen, sodass er noch genug Energie für sein künstlerisches Wirken hat. Gill hat bereits vor Andy Warhol Ankäufe im "Museum of Modern Art" gehabt. Aber natürlich wäre Andy Warhol schon klasse gewesen. Auch der dritte Weggefährte, Robert Rauschenberg, der Begründer der Pop-Art, wäre als Gast toll.
Gibt es noch die berühmte Schwellenangst, die Galerie zu betreten?
Ja, die gibt es generell bei allen Galerien. Wir versuchen dem entgegenzuwirken, indem wir möglichst viele Menschen durch Veranstaltungen zu uns reinholen, zu Vernissagen oder auch zur Kulturnacht. Wir versuchen den Freiraum zu schaffen, hier hereinzukommen und sich unverbindlich Kunst anzuschauen. Weil jeder ja auch Angst hat, dass er hier reinkommt und nach irgendwelchen kunsthistorischen Kriterien gefragt wird. Aber das ist überhaupt nicht der Fall. Wir wollen eher den zukünftigen Interessenten an die Kunst heranführen und wollen den Dialog mit ihm. Wir wollen uns nicht abschirmen. Und ich glaube, dass jedem, der mal hier war, die Angst genommen wird, weil unser Team sehr offen ist. Und wir versuchen alles möglich zu machen, was geht. Wir fahren auch zu den Interessenten nach Hause und beraten sie vor Ort und versuchen Ihnen das Vertrauen zu geben, sich der Kunst zu nähern. Es ist auch viel einfacher, wenn man zu Hause schauen kann, wie die Kunst Vor Ort wirkt. Das allein nimmt schon die Angst, dass man vielleicht eine falsche Entscheidung getroffen hat. Das Schöne ist, dass wir auch Kunst für einen kleinen Etat haben. Wir freuen uns über jeden, der uns hier in unserer Galerie besucht.
Welche Ausstellungen und welche Künstler erwarten uns 2016 in der Galerie Jaeschke?
Wir werden 2016 ein Feuerwerk an tollen Künstlern haben. Wir werden Elvira Bach zu ihrem 65. Geburtstag haben. Sie ist die einzige deutsche Künstlerin, die im Guggenheim Museum ausgestellt hat. Dann werden wir James Rizzi haben, weil wir ihn zu seinem 5. Todestag ehren möchten. Wir haben Jörg Döring in einer Ausstellung. Auch ein ganz spannender Künstler, den wir schon ganz lange haben. Außerdem stellen wir Werke von Oliver Morel aus.
Lieber Herr Jaeschke, wir bedanken uns ganz herzlich für das tolle Gespräch und wünschen Ihnen ein erfolgreiches neues Jahr!
Interview: Dipl.-Päd. Kerstin Lautenbach-Hsu