Einfach mal nichts tun: Einen naturnahen Garten anlegen
Naturnahe Gärten in der Stadt
In diesem Jahr wird zum ersten Mal der Braunschweiger Naturschutzpreis vergeben. Prämiert werden besonders naturnahe Gärten in der Stadt . Zahlreiche Braunschweigerinnen und Braunschweiger, Schulen, Kindergärten und Firmen mit ihrem Betriebsgelände haben Beiträge eingereicht (Bewerbungsschluss war der 30. Juni). Sie werden derzeit ausgewertet.
Gärten und Außenanlagen, die naturnah gestaltet sind, bieten sehr vielen Tieren und Pflanzen einen geeigneten Lebensraum und fördern so die Biodiversität in Braunschweig. Gleichzeitig profitieren die Menschen von der Vielfalt und dem Naturerlebnis direkt vor der eigenen Haustür. Doch wie gelingt es, einen naturnahen Garten selbst anzulegen und zu entwickeln? Der Fachbereich Umwelt gibt Tipps.
Erster Grundsatz: Einfach mal nichts tun
Denn naturnahe Gärten profitieren von wilden Ecken. Wer in seinem Garten auf das regelmäßige Düngen, Bewässern und Mähen des Rasens, ganz oder in Teilbereichen, verzichtet, wird erstaunt sein, welche Pflanzenvielfalt sich mit der Zeit entwickeln kann. Gerade auf trockenen und mageren Standorten stellt sich eine Blütenvielfalt ein, die sich vor der von gekauften Samenmischungen nicht zu verstecken braucht. Ein weiterer Vorteil: Die Pflanzen, die sich zeigen, sind an den Standort angepasst, wachsen besser, vermehren sich selbstständig und ziehen sogleich heimische Tierarten an. Mit ein bis zwei Mähterminen im Jahr kommt man aus, und wer die Pflanzenstängel und Samenstände auch über den Winter stehen lässt, bietet Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten und deren Eier sowie Futter für heimische Vögel. Und die mit Raureif überzogenen Pflanzen bieten wiederum wunderschöne Wintereindrücke.
Totholz
Totholz stehen lassen oder im Garten sammeln: Ein abgestorbener Baum muss nicht direkt der Säge zum Opfer fallen. Besonders stehendes Totholz bietet vielen Arten einen wichtigen Lebensraum. Von Specht bis Holzbiene stellen sich die unterschiedlichsten Untermieter ein. Wo es aus Sicherheitsgründen vertretbar ist, kann man dieses Naturschauspiel des Zerfalls zulassen und erfahren, wie die Natur es schafft, alle Ressourcen in einem Prozess zu nutzen, bei dem der Begriff "Abfall" ein Fremdwort ist. Zusätzlich kann solch ein Baum auch als Rankgerüst für Kletterpflanzen dienen. Sollte das Totholz etwa durch seine Höhe doch eine Gefahr darstellen, ist es ein guter Kompromiss, nur einen Teil des Stamms stehen zu lassen. Aber auch wenn der Erhalt stehenden Totholzes nicht möglich ist, kann das Holz in einem Teil des Gartens abgelegt werden. Zusammen mit Laub und Reisig dient es dort als Igelunterschlupf, an einer sonnigen Stelle aufgestellt als Insektenhotel oder entlang der Beete aufgeschichtet als natürliche Einfassung.
Hecken aus heimischen Sträuchern wie Haselnuss, Weißdorn, Wildrosen, Weiden und Holunder, die nur selten, dafür aber stärker zurückgeschnitten werden und so etwas mehr Raum einnehmen dürfen, belohnen die zurückhaltenden Gartenbesitzer mit zahlreichen Blüten und Tierbesuchen. An den Blüten und Früchten erfreuen sich Insekten, Vögel und Kleinsäuger und zwischen den dichten Zweigen finden Vögel sichere Brutplätze. Tipps für standortgerechte Pflanzen enthält die Broschüre "Heimische Pflanzen für Braunschweiger Gärten" unter https://www.braunschweig.de/umwelt.php
Tierischer Besuch
Wer möchte, kann den Garten durch kleine Elemente wie Trockenmauern, Teiche ohne Fischbesatz, kleine Offenbodenflächen und Nistkästen bereichern. Bei Blühpflanzen sollte auf eher heimische Arten geachtet werden. Ungefüllte und Nektar bringende Blüten sind zu bevorzugen. Ein wahrer Insektenmagnet sind oftmals Gewürz- und Heilkräuter, die dann auch auf dem eigenen Teller landen können. Meist ist das, was uns selbst gut schmeckt, auch gut für die Tierwelt. Gemüsepflanzen, Obstbäume- und Sträucher bieten neben den Blüten auch noch eine Ernte für die Gartenbesitzer.
Trockenmauern oder Lesesteinhaufen können Beeten Struktur geben, Sitzecken einfassen oder Höhenunterschiede abfangen. Und sie bieten in ihren zahlreichen Ritzen Unterschlupf für viele Arten. In günstiger Lage können so sogar Eidechsen zum Mitbewohner werden und Amphibien ihre Winterquartiere einrichten.
Nistkästen für Vögel, Fledermäuse und andere Kleinsäuger können helfen, den Verlust von Baumhöhlen und Nischen in alten Gebäuden auszugleichen. In kleinen Gärten bietet sich kaum Platz für mächtige Bäume, und die moderne Bauweise lässt selten tierische Mitbewohner zu. Kotbretter, z. B. unter Schwalbennestern gleich angebracht, sorgen dafür, dass man außer dem Gesang und dem Flugschauspiel kaum etwas von seinem Untermieter mitbekommt. Nistkästen aus einem langlebigen Material wie Holzbeton sind dabei zu bevorzugen. Sie sind in der Anschaffung zwar etwas teurer, dafür aber unverwüstlich und bieten zudem bei entsprechender Bauweise den Jungvögeln den besten Schutz vor Nesträubern. Für Insekten gibt es neuerdings Niststeine aus Ton, die gerne angenommen werden.
Auch kleine und große Wasserflächen bereichern einen Garten. Durch die verschiedenen Uferzonen von nass bis trocken ergeben sich allerhand neue Lebensräume. Wer dabei auf einen Fischbesatz verzichtet, kann beobachten, welche einheimischen Arten in den nächsten Jahren den Weg in den Garten finden. Libellen erstaunen mit ihren Flugkünsten, und es lassen sich vielleicht sogar Molche blicken, die an kleine Wasserdrachen erinnern. Kleine offene Bodenflächen, die zugegebenermaßen etwas Arbeit machen können, um sie von Bewuchs freizuhalten, erfüllen je nach Ausgangsmaterial unterschiedliche Zwecke. In Sandböden fühlen sich Sandbienen wohl, die dort ihre Bruthöhlen anlegen. Lehmige Böden werden zum Nestbau genutzt, indem z. B. die Mauerbiene ihre Bruthöhlen mit dem feuchten Material verschließt.
Auch ein Komposthaufen bereichert den Garten, denn mit Küchenabfällen, Rasenschnitt und überschüssigem Laub versorgt, liefert er besten Dünger und Gartenboden, um die Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen. Bald ergibt sich ein Kreislauf, der das Zukaufen von Gartenerde überflüssig macht. Sollte doch mal der Einsatz von Pflanzerde notwendig sein, sollte unbedingt auf torffreies Material geachtet werden. Immer noch werden Moore, kaum wieder herstellbare Lebensräume und effektive CO2-Speicher, für Gartenerde vernichtet.
Auffangbehälter für Regenwasser helfen, Trockenperioden zu überbrücken und das Grund- und Trinkwasser zu schonen. Auf die Bewässerung von Rasenflächen kann in Trockenzeiten zudem verzichtet werden. Dieser erholt sich, auch schon braun geworden, erstaunlich schnell und grünt erneut. Flächen mit höherem und dichterem Bewuchs bilden dabei ein deutlich kühleres Mikroklima und halten die Feuchtigkeit besser als kurzgehaltene Flächen.
Was nicht nötig ist
Ganz klar verzichtet werden sollte auf den Gifteinsatz im Garten und natürlich auch auf versiegelten Flächen wie Wegen, Auffahrten und Stellplätzen. Dies ist sogar verboten, da dort die Gifte nicht in den Pflanzen abgebaut werden können, sondern direkt ins Grundwasser oder die Kanalisation gelangen.
Getrost verzichtet werden kann auf Beleuchtungselemente zu Dekorationszwecken. Diese stören nachtaktive Insekten, denn sie werden von ihnen angezogen und verlieren wertvolle Energie bei diesen Irrflügen. Auch Fledermäuse profitieren nicht von dem vermeintlichen "Buffet". Sie werden ebenso von den Lichtern irritiert und gestört.
Pflegeintensiver als angepriesen sind die sogenannten Schottergärten. Auch wenn die Erde unter den Steinen mit Folien versiegelt wird, so reicht doch schon vom Wind eingetragener Boden und ein wenig Laub, um zwischen den Steinen so viel Humus zu bilden, dass die ersten Wildpflanzen, spezialisiert auf heiße, trockene Standorte, dort wieder wachsen können. Ein dauerhafter Pflegeeinsatz beginnt. Zudem heizen sich diese Fläche im Sommer stark auf und speichern die Wärme lange. Dies ist im ohnehin schon stark versiegelten städtischen Bereich ein Problem, da so die nächtliche Kaltluftbildung erschwert wird.
Naturnah angelegte Gärten erweisen sich dagegen nach etwa drei Jahren, in denen sie noch etwas mehr Pflege benötigen, um etwa das ein oder andere Beikraut zwischen den Stauden zu entfernen, als angenehm pflegearm. Sind die ausgewählten Pflanzen oder die von allein angesiedelten Arten in einem Gleichgewicht angekommen, so bedarf es eher selten des Eingriffs des Menschen. Man muss nur zulassen, dass sich Pflanzen selbst den optimalen Standort suchen, zulassen, dass der Garten jedes Jahr etwas anders aussieht und zulassen, dass nicht alles so wird wie vielleicht einmal geplant.
Quelle: PM / 13. August 2021