Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird
Nach einem Theaterstück von Peter Weiss
Musiktheater-Uraufführung am 5. März: »Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird« von Stefan Litwin nach einem Theaterstück von Peter Weiss
Der Komponist und Pianist Stefan Litwin hat für das Staatstheater Braunschweig das Theaterstück »Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird« von Peter Weiss aus dem Jahr 1963 vertont. Die Uraufführung des Einakters im Stil eines grotesken Clownspiels für einen Sänger, vier Chorsängerinnen, fünf Schauspieler:innen und eine 15-köpfige Orchester¬formation realisieren Alexis Agrafiotis (Musikalische Leitung) und Christoph Diem (Regie). Die Titelrolle des Herrn Mockinpott übernimmt Zachariah N. Kariithi. Premiere ist am 5. März um 19:30 Uhr im Kleinen Haus des Staatstheaters Braunschweig.
Mit dem Schauspiel »Die Verfolgung und Ermordung des Jean Paul Marat dargestellt durch die Schauspieltruppe des Hospizes von Charenton unter der Anleitung des Herrn de Sade«, uraufgeführt 1964, wurde Peter Weiss einer der wichtigsten politischen Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Im Jahr zuvor schrieb Peter Weiss zwei Stücke, die für seine ästhetische und stilistische Entwicklung eine entscheidende Rolle spielen sollten – das kleine, makabre Moritat »Nacht mit Gästen«, 1963 am Schiller-Theater in Berlin uraufgeführt, und als Pendant »Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird«, das erst im Jahre 1968 an der Landesbühne Hannover herauskam. Beide Stücke sind inspiriert vom Genre des Kasperlespiels, mit holzschnittartigen Figuren, die sich in Knittelversen äußern, was er später als Stilmittel auch in sein »Marat/Sade«-Stück einfließen ließ.
Herr Mockinpott wird ins Gefängnis gesteckt – und weiß nicht warum. Korrupte Beamte ermöglichen, dass er vor die Tür gesetzt wird. Er stolpert ins Freie und trifft auf Herrn Wurst, eine gemütliche Figur, die sich seiner scheinbar annimmt. Ob zuhause bei seiner Ehefrau, bei seinem Arbeitgeber, vor der Regierung und schließlich sogar vor dem lieben Gott: Mockinpott erlebt eine Ungerechtigkeit nach der anderen und wird Schritt für Schritt seiner Individualität beraubt.
Stefan Litwin
Stefan Litwin, 1960 in Mexico City geboren, studierte Klavier, Komposition und Interpretation in den USA und der Schweiz, u.a. bei Christoph Keller, Jürg Wyttenbach, Walter Levin und Charles Rosen. Mit Komponisten wie Luciano Berio, Michael Gielen, Alexander Goehr, Johannes Kalitzke, Luigi Nono, Frederic Rzewski, Mathias Spahlinger und Hans Zender hat Stefan Litwin eng zusammengearbeitet. Zu seinen Kompositionen zählen »The Bells« (E. A. Poe), »…, die Hölle aber nicht.« (Imre Kertész), »244, 37« für 6 Klarinetten und präpariertes Klavier, das Musiktheater »Nacht mit Gästen« (Peter Weiss), sowie »Kinderszenen« für 8 Instrumente und Sampler. Stefan Litwin ist Professor für Neue Musik an der Hochschule für Musik Saar.
Alexis Agrafiotis
Alexis Agrafiotis studierte zunächst in Athen Klavier und dann Komposition bei Prof. Erich Urbanner und Dirigieren bei Prof. Uros Lajovic an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien. Anschließend war er als Solorepetitor und Dirigent u. a. an Theatern in Görlitz und Lübeck tätig, am Theater Bielefeld, an der Zeitgenössischen Oper Berlin, dem Theater Bern und als Chefdirigent des Symphonieorchesters Volos (GR). Seit Dezember 2017 ist Alexis Agrafiotis am Staatstheater Braunschweig engagiert, zuerst als Solorepetitor und seit der Spielzeit 2019/20 als Studienleiter und Kapellmeister. Hier hat er u.a. Sciarrinos »La porta della legge«, Brittens »Turn of the screw«, den Abend »Machtspiele« mit Werken von Weill, Kagel und Krenek sowie die Tanz-Uraufführung »All You Need is Less« mit Musik von Philip Glass, Steve Reich und Gavin Bryars geleitet.
Christoph Diem
Christoph Diem studierte Regie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Er inszenierte u. a. in Würzburg, am Theaterhaus Jena, am Staatsschauspiel Stuttgart und am Landestheater Linz. Seit 2006 war er fester Hausregisseur am Saarländischen Staatstheater und leitete dort die Experimentierbühne sparte4. Am Staatstheater Braunschweig inszenierte er u. a. »Die Nashörner«, »City Lights«, Felicia Zellers Stück »Der Fiskus«, das zu den Mülheimer Theatertagen 2020 eingeladen wurde und zuletzt »Her. Olimpia. Maschinenerotik.« Im Musiktheater inszenierte er die Produktion »Machtspiele«. Seit der Spielzeit 20/21 ist er Hausregisseur am Staatstheater Braunschweig und stellvertretender Schauspieldirektor.
Wie dem Herrn Mockinpott das Leiden ausgetrieben wird
Musiktheater von Stefan Litwin nach dem gleichnamigen Theaterstück von Peter Weiss
Uraufführung am Samstag, 5. März 2022, 19:30 Uhr
Weitere Vorstellungen 13., 20., 23. und 27. März, 1., 8., 10. und 14. April sowie 7. Mai
Staatstheater Braunschweig, Kleines Haus
Musikalische Leitung: Alexis Agrafiotis
Regie: Christoph Diem
Bühne und Video: Florian Barth
Kostüme: Elena Gaus
Dramaturgie: Sarah Grahneis, Holger Schröder
Mit Zachariah N. Kariithi (Mockinpott) sowie Robert Prinzler, Julia Buchmann, Julius Ferdinand Brauer, Benjamin Kaygun und Mirko Näger-Guckeisen (Schauspiel) sowie Chiara Ducomble, Bo Mi Lee, Min Geum Jin und Barbara Walach Skora (Chor) und dem Staatsorchester Braunschweig
Quelle: PM 23.02.2022