Wasserstoff-Brennstoffzelle und Wasserelektrolyse
Forschung und Entwicklung in Braunschweig
Die Zukunft der Wasserstoff-Brennstoffzelle und Wasserelektrolyse
Das Technische Elektrokatalyse Laboratorium des Instituts für Technische Chemie (ITC) der Technischen Universität Braunschweig befasst sich unter anderem mit der Weiterentwicklung von Brennstoffzellen und Wasserelektrolyseuren sowie deren zukünftiger Nutzung im Alltag. Wie das Institut arbeitet, welche Kompetenzen die Studierenden hier erwerben können und warum Braunschweig als Standort für die Forschung an Wasserstoff einzigartig ist, verrät uns Prof. Dr. Özaslan im Interview!
Wer bzw. was ist das ITC bzw. das Technische Elektrokatalyse Laboratorium?
Mein Name ist Mehtap Özaslan und ich leite den Lehrstuhl für Technische Elektrokatalyse am Institut für Technische Chemie an der TU Braunschweig. Wir beschäftigen uns mit Elektrodenmaterialien in der Entwicklung und Testung. Dabei wollen wir verstehen, was für elektrochemische Reaktionen und Transportprozesse dort ablaufen, wie das Material optimiert werden kann und wie die Anwendung in der Brennstoffzelle oder in dem Wasserelektrolyseur von statten geht.
In der Forschung sind wir zum einem auf der atomaren Ebene unterwegs, bis hin zu der Testung und Diagnose von Elektrodenoberflächen bis zu 50 cm2, in dem wir in die Brennstoffzelle oder Elektrolyse reinschauen, beobachten wie die Materialien altern und Rückschlüsse zu ihrer Optimierung ziehen. Wenn man versteht, wie Reaktionen und Transportvorgänge ablaufen, findet man auch Wege zur Verbesserung ihrer Leistung und Lebensdauer.
Welche Bereiche sind bei Euch zu finden?
Wir machen Brennstoffzellen und Elektrolyseure. Wir nutzen Methoden, um mit einer Lupe in die poröse Elektrode reinzuschauen und zu verstehen, welche Reaktionen und Transportvorgänge dort ablaufen. Wir sind in der angewandten Grundlagenforschung unterwegs und versuchen innerhalb dessen das Verständnis für die Prozesse zu generieren, damit am Ende beispielsweise das Brennstoffzellen-Auto günstiger wird und länger fährt. Dabei sind die drei Bereiche niedrige Kosten, eine höhere Aktivität bzw. eine bessere Performance und eine hohe Lebensdauer relevant. Daher brauchen wir die Forschung, um Elektroden für morgen zu entwickeln.
Seit wann gibt es Euren Bereich?
An der Universität in Braunschweig gibt es den Bereich seit Juni 2019. Ich war vorher Junior-Professorin in Oldenburg und habe meine Arbeitsgruppe aufgebaut, wo wir thematisch auch in der Elektrokatalyse unterwegs waren. Davor war ich eineinhalb Jahre Wissenschaftlerin in der Schweiz und komme ursprünglich aus Berlin.
Inwiefern können Ergebnisse aus Projekten den Alltag der Gesellschaft verändern?
Unsere Projekte sind größtenteils öffentlich gefördert, wir wollen unser Wissen auch weitergeben und teilen. Das machen wir beispielsweise durch Publikationen, die am Institut erarbeitet, geschrieben und veröffentlicht werden. Wichtig ist dabei die Brücke zur Anwendung zu schlagen und Potentiale für eine spätere und preisgünstige Nutzung aufzuzeigen. Zum Beispiel haben wir ein Material entwickelt, dass fünfmal aktiver ist, als das kommerzielle Material, sodass wir auch fünfmal weniger Edelmetall am Ende benötigen würden. Es werden nicht nur Kosten eingespart, sondern das System wird kompakter, sodass bestimmte Komponenten nicht mehr benötigt werden. Diese Beispiele machen Forschung greifbarer und verständlicher. Der Bezug zur Realität muss immer vorhanden sein und wir wollen der Gesellschaft zeigen, warum die Forschung an der Universität nötig ist.
Welche Kompetenzen erwirbt man in den Studiengängen des ITC? Welche Zukunftsperspektiven ergeben sich daraus?
Unser Lehrstuhl wirkt an verschiedenen Studiengängen mit. Zum einen im Chemiestudium. Da sind wir vor allem in der Technischen Chemie, Elektrochemie und bei erneuerbaren Energien beteiligt.In den Ingenieursstudiengängen lehren wir im Bereich der Technologie der elektrochemischen Energiekonvension und -speicherung. Hier ist beispielsweise der neue Studiengang „Nachhaltige Energiesysteme und Elektromobilität“ zu nennen, aber auch Chemieingenieurswesen und Nachhaltige Energietechnik. Wir versuchen die Themen der Energiekonversion und -speicherung den Studierenden so näher zu bringen, dass sie gut auf zukünftige Themen vorbereitet sind. Das Schöne an der Universität ist, dass wir eine Brücke zwischen Forschung und Lehre schaffen sowie gleichzeitig Fachkräfte im Bereich der Wasserstofftechnologie ausbilden, von der Entstehung bis zur Nutzung und Speicherung.
Das heißt, Ihr arbeitet auch mit anderen Instituten von anderen Universitäten zusammen?
Ja, zum Beispiel hatten wir vor Kurzem einen Workshop mit der Universität Oldenburg in Kombination mit einer Firma durchgeführt. Das ist auch ein öffentlich gefördertes Projekt, dazu kommen innerhalb der TU größere Verbünde. Beispielsweise wird am Flughafen gerade eine 1000 m2 große Forschungshalle mit den Namen „Hydrogen Terminal Braunschweig“ gebaut, wo interdisziplinäre Forschung zum Thema Wasserstoff stattfinden wird. Dort werden auch die großen Megawatt-Wasserelektrolyse-Module aufgebaut, wo wir u.a. die Stabilität, die Fluktuation oder die Reinheit des Wasserstoffs untersuchen können. Somit entsteht auch ein größerer Komplex. Als Forscher ist es immer wichtig mit anderen zusammenzuarbeiten, weil das die eigene Perspektive vergrößert. Dabei ist natürlich die Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Bereichen wie Naturwissenschaften und Ingenieure sehr relevant und extrem spannend.
Wie kann man Teil der Forschung werden?
Wir bieten Abschlussarbeiten für den Bachelor- und Masterabschluss an, innerhalb des Studiums können Forschungspraktika absolviert werden oder man fängt nach dem Studium als Doktorand:in bei uns an. Das sind die Möglichkeiten bei uns in LIVE an der Forschung teilzunehmen und an relevanten Themen der Zeit zu arbeiten.
Kannst du uns etwas über einzelne Projekte beispielhaft erzählen?
Ein aktuelles Projekt ist ein internationales Projekt mit Japan, mit der Universität Yamanashi, da bauen wir ein deutsch-japanisches Brennstoffzellenlabor auf. Wir werden vor Ort ein Labor haben, wo wir Geräte aufstellen werden und Doktoranden sowie Studierende für Abschlussarbeiten nach Japan schicken. Es entsteht ein gemeinsamer Austausch und Internationalisierung, wobei das Projekt auf fünf Jahre angesetzt ist. Die Idee ist, in den fünf Jahren ein Forschungslabor in Präsenz zu entwickeln und ein Konzept aufzubauen, das sich nachhaltig trägt. Es gibt den Studierenden die Möglichkeit Japan und seine Kultur kennenzulernen und gleichzeitig diese beiden Länder eng zu vernetzten.
Ein weiteres Projekt ist vom Ideenwettbewerb Wasserstoff von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Hier wurden die Fragen gestellt: Wie kann Deutschland eine Wasserstoff-Republik werden? Wie können sich Forschung und Industrie zusammentun, um dieses Thema voranzubringen? Bei dem Wettbewerb sind wir unter anderen Universitäten positiv mit unseren Ideen eines sogenannten „Masterkatalysators“ aufgefallen.
Also ein Material, was intelligent ist und je nach dem, welche Umgebung vorliegt seine Eigenschaften ändert. Zum Verständnis mache ich einen kleinen Ausflug in die Brennstoffzelle: Wir haben immer unterschiedliche Situationen im Betrieb der Brennstoffzelle vorliegen. Wir haben den Normalbetrieb und dann einen Betrieb, wo auf einmal kein Wasserstoff vorhanden ist, also kein Brennstoff. Dann verarmt die Brennstoffzelle und es entstehen schädliche Reaktionen, wodurch das Elektrodenmaterial schneller altert und somit die Lebensdauer verkürzt wird. Daher ist unser Ziel, dass das Material „intelligent“ ist und auf die Situation in der Brennstoffzelle eigenständig und reversible reagiert. Unsere Vision ist es dann, dass dieser Masterkatalysator mit Industriepartnern im Kilogramm-Maßstab hergestellt werden kann. Durch die Zusammenarbeit sind von Anfang an beide Blickwinkel, die techno-ökonomische Betrachtung und die Forschungsseite, integriert und berücksichtigt. Solche Konzepte entwickeln und erforschen wir.
Welche Vorteile hat der Standort Braunschweig? Was ist das Besondere an Braunschweig und der Region?
Da ist besonders der Flughafen zu nennen, weil dort das neue Hydrogen Terminal Braunschweig aufgebaut wird, was Braunschweig ein Alleinstellungsmerkmal verleiht. Außerdem haben dort weitere Institute, z.B. das Niedersächsisches Forschungszentrum Fahrzeugtechnik (NFF) oder das Niedersächsisches Forschungszentrum für Luftfahrt (NFL) ihre Standorte, sodass unterschiedliche Bereiche an einem Ort zusammenkommen und gemeinsam forschen können. Dieser Standort hat das Potential eine Wasserstoffökonomie zu etablieren, z.B. mit Wasserstofftankstellen für LKWs oder Flugzeuge. Gemeinsam kann hier in Braunschweig etwas wachsen und gedeihen.
Wer noch mehr zum Technischen Elektrokatalyse Laboratorium und über die Forschungen des Teams rund um Prof. Dr. Mehtap Özaslan erfahren möchte, findet unter www.tu-braunschweig.de/itc/oezaslan weitere Informationen. Studieninteressierte können folgend ein paar erste Eindrücke sammeln:
https://www.youtube.com/watch?v=0Z7rnm0qaD0
https://www.youtube.com/watch?v=tpnn9PbQLOw
Ein Beitrag von Franziska Scheffler