Regionale Wirtschaft startet holperig ins neue Jahr
Die geschäftliche Lage bleibt stabil
Anhaltende Liefer- und Materialengpässe, hohe Energie- und Rohstoffpreise, die vierte Coronawelle und zunehmende Unsicherheiten aufgrund der Omikron-Variante haben den Unternehmen im Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg einen durchwachsenen Jahreswechsel beschert. Der bereits im Herbst erlahmte konjunkturelle Aufholprozess hat dadurch auch in den Wintermonaten keine neue Fahrt aufnehmen können. Dies verdeutlicht der gemeinsame Konjunkturbericht der IHK Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das vierte Quartal 2021. Demnach gibt der IHK-Konjunkturklimaindikator geringfügig nach und sinkt um zwei Punkte auf einen aktuellen Wert von 111.
Die geschäftliche Lage der heimischen Wirtschaft blieb trotz des schwierigen Umfelds stabil. Momentan bezeichnet ein Drittel der befragten Betriebe seine Geschäftslage als gut. Etwas über die Hälfte sieht sie zumindest als befriedigend an. Nur 14 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre Situation als schlecht. Der Saldo aus guten und schlechten Lagebewertungen bleibt mit +19 klar im positiven Bereich und entspricht damit exakt dem Wert des Vorquartals. Vor allem die Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor, aus der Industrie und dem Großhandel waren mit den Geschäften im vierten Quartal 2021 zufrieden. Deutlich schwieriger stellt sich die Lage des stationären Einzelhandels dar, der erneut mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft von Zugangsbeschränkungen und sich kurzfristig ändernden Corona-Schutzmaßnahmen getroffen wurde.
Pandemiebedingt gestörte Lieferketten ein Hemmschuh
Pandemiebedingt gestörte Lieferketten sind für große Teile der regionalen Wirtschaft ein Hemmschuh. Fast drei Viertel aller befragten Unternehmen berichten über längere Wartezeiten und höhere Einkaufspreise für Rohstoffe und Vorprodukte. Mehr als die Hälfte vermeldet einen merklich gestiegenen Planungsaufwand für die Beschaffung von Einsatzmaterialien. Und mehr als jeder vierte Betrieb muss gar seine Produktion reduzieren oder kann bestehende Aufträge nicht abarbeiten. Das in dieser Breite bisher unbekannte Phänomen beschränkt sich keinesfalls nur auf die Industrie. Auch der Groß- und Einzelhandel wartet häufig auf bestellte Ware, die er gern an seine jeweiligen Kunden weiterreichen würde. Selbst die Dienstleister geben mehrheitlich an, von den Auswirkungen der Lieferengpässe betroffen zu sein.
All dies schlägt sich im Zusammenspiel mit der ungewissen weiteren Entwicklung der Coronapandemie in den Geschäftsaussichten der heimischen Unternehmen nieder. Diese haben sich vom Herbst zum Winter hin abermals eingetrübt. Festzuhalten ist, dass sich der beschriebene Rückgang des IHK-Konjunkturklimaindikators letztlich allein auf die nachlassenden Geschäftserwartungen für die kommenden Monate gründet. Trotz der zunehmenden Skepsis befinden sich die Optimisten aber immer noch in der Mehrheit – die allerdings immer knapper wird. So gehen zum Jahreswechsel nur noch 22 Prozent der befragten Betriebe von einer geschäftlichen Aufhellung im neuen Jahr aus. 60 Prozent meinen, das derzeitige Geschäftsniveau zumindest konstant halten zu können. 18 Prozent rechnen hingegen mit geschäftlichen Einbußen.
Nachfrage der Kunden eindeutig vorhanden
„Obwohl die geschäftliche Lage vieler Unternehmen über die gesamte Breite der regionalen Wirtschaft hinweg durchaus zufriedenstellend ausfällt, ist nicht damit zu rechnen, dass wir die Auswirkungen der Coronakrise schnell hinter uns lassen können“, kommentiert Dr. Florian Löbermann, Hauptgeschäftsführer der IHK Braunschweig, die Ergebnisse der Konjunkturumfrage. „Nach wie vor ist Corona in einzelnen Wirtschaftszweigen wie der Gastronomie, dem Beherbergungsgewerbe, dem Einzelhandel oder der Veranstaltungswirtschaft das alles dominierende Thema. Dabei ist die Nachfrage der Kunden eindeutig vorhanden. Sich immer wieder kurzfristig ändernde Zugangsbeschränkungen verhindern aber, dass ihr ein adäquates Angebot gegenübergestellt werden kann. Auch in den weniger von den Regularien zur Pandemiebekämpfung betroffenen Branchen kann die starke Nachfrage der Kunden nicht vollständig bedient werden. Hier sind es die pandemiebedingten Liefer- und Materialengpässe, die zu Störungen auf der Angebotsseite führen – und so den Aufschwung einbremsen.“
Optimistisch stimmt laut IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert, dass nach Angaben der regionalen Wirtschaft die Auftragsbücher gut gefüllt sind. „Wenn sich die gegenwärtigen Störungen der Lieferketten auflösen, kann für unseren Wirtschaftsraum mit einem deutlichen Wachstumsschub gerechnet werden. Allerdings werden dann andere Engpassfaktoren noch stärker in den Vordergrund treten – hierzu zählt in erster Linie der Fachkräftemangel. Fast zwei Drittel der Befragten stufen den Arbeitskräftemangel bereits aktuell als großes Risiko für ihre künftige Geschäftsentwicklung ein.“ Mit dem Jahresthema #GemeinsamFachkräfteSichern unterstütze die IHKLW in diesem Jahr die Mitgliedsunternehmen ganz besonders im Wettbewerb um Talente, betont Zeinert: „Neben zahlreichen IHK-Angeboten bringen wir uns ebenso wie die IHK Braunschweig im Fachkräftebündnis Südostniedersachsen ein, in dem alle Arbeitsmarktakteure der Region zusammenarbeiten.“ Viele andere Konjunkturbremsen könne laut Zeinert aber nur die Politik lösen – angefangen beim Ausbau der digitalen und der Verkehrsinfrastruktur über Bürokratieabbau, eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren bis zur Modernisierung der Unternehmensbesteuerung und einer wettbewerbsfähigen Gestaltung der Klimapolitik.
Den vollständigen Konjunkturbericht mit weiteren Daten, Grafiken und Erläuterungen finden Sie auf unserer Homepage unter https://www.braunschweig.ihk.de/konjunktur
Quelle: PM 21.01.2022