40 Jahre ADFC
Fahrradfreunde im unermüdlichen Einsatz
Seid ihr auch „Fahrrad-verrückt“? Dass Zweiräder ob mit oder ohne „E“ im Kommen sind und einen immer größeren Stellenwert in unserem Alltag haben, haben wir zumindest in unserer Region zu einem großen Anteil dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Kreisverband Braunschweig e.V. zu verdanken. Seit vierzig Jahren setzen sich rund 40 Aktive, zum Großteil ehrenamtlich und leidenschaftlich für eine fahrradfreundliche Gesellschaft ein.
Worum sich der Alltag des ADFC dreht, welche Zukunftspläne geschmiedet werden und welche Vorteile man als Mitglied genießt, haben uns Susanne Schroth, Vorsitzende Öffentlichkeitsarbeit und Verkehr und Andrea Lehne, Koordinatorin für das ADFC-Magazin den „Pedaleo“ im Interview verraten.
BS-Live!: Euch gibt es schon vier Jahrzehnte. Welche Ereignisse sind bis heute unvergesslich bzw. Sternstunden in der Vereinsgeschichte?
Susanne Schroth: In einem Gespräch mit dem ersten Vorsitzenden habe ich mir aus den ersten Tagen erzählen lassen, Zum Beispiel die erste Fahrradtour des ADFC, die Fahrraddemo "Vorrang für das Fahrrad" 1981. Der 1. Fahrrad-Flohmarkt in der Eulenstraße 1987. Ich selbst habe die Demo für eine Protected Bike Lane (also eine geschützte Radspur) auf dem Bohlweg 2017 miterlebt, da war der ADFC BS einer der ersten in Deutschland, der solch eine Demo gemacht hat.
BS-Live!: Ihr seid ein Verein mit inzwischen mit über 1.000 Mitgliedern. Wie fing damals alles an?
Andrea Lehne: Auf dem offenen Abend zum 40-jährigen am 9.2.2020 hat Susanne dem ersten Vorsitzenden Jürgen Degenhard des ADFC KV BS die gleiche Frage gestellt. Daraufhin antwortete er: „die Zeit war damals reif, es gab diverse Umweltschutzbewegungen, die sich formiert haben. Und so startete auch in Braunschweig der ADFC mit vielen Studierenden, aber auch einem Rechtsanwalt, die sich für den Radverkehr einsetzen wollten. Auf der Demo „Vorrang für das Fahrrad“ war kurioserweise für den Betrieb der Lautsprecheranlage eine Autobatterie notwendig.
BS-Live!: Was ist das Besondere am ADFC Braunschweig?
Andrea Lehne: Das Besondere am ADFC BS ist, dass er eine breite Themenpalette bietet und der Aktiven Kreis vielfältig ist. Jeder kann bei uns mitmachen: Jeder kann eigene Ideen und Anliegen einbringen. Ob als Helfer*in bei Veranstaltungen und Aktionen, als Unterschriftensammler*in für Petitionen, als Radtourenleiter*in oder in der Vorstands- bzw. Arbeitsgruppenarbeit – die Möglichkeiten, sich einzubringen sind vielfältig. Dank unserer 30-40 Aktiven gelingt es uns auf diese Weise, uns unermüdlich und voller Leidenschaft für unser aller Ziel einzusetzen: eine fahrradfreundliche Gesellschaft!
BS-Live!: Frau Schroth, wie würden Sie ihre „Liebe zum Fahrrad“ beschreiben bzw. können Sie uns die Geschichte erzählen, wie Sie zum Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) gekommen sind?
Susanne Schroth: Meine Liebe zum Fahrrad währt schon seit ca. 52 Jahren, also seit dem Tag, an dem ich Fahrrad fahren gelernt habe. Das Fahrrad war das Lieblingsspielgerät in meiner Kindheit und Jugend. Zum ADFC bin ich durch Aktionen aufmerksam geworden. Insbesondere durch die Radtour, die einmal jährlich stattfindet und die Bürger in unbekannte Ecken Braunschweigs führt.
BS-Live!: Sie sind eines der Vorstandsmitglieder des ADFC, was sind ihre Aufgaben?
Susanne Schroth: Ich verantworte die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie gemeinsam mit Sven Müller, dem Beirat Verkehr, die verkehrspolitischen Themen. Es gibt eine ganze Reihe von Aktiven, die sich in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einbringen, sei es bei der Erstellung der Mitgliederzeitung „Pedaleo“, bei der Gestaltung der Homepage, den Pressemitteilungen, Interviewterminen wie heute, Nur so ist das Pensum zu schaffen, wir arbeiten ja alle ehrenamtlich. Frau Lehne beispielsweise koordiniert die Erstellung des „Pedaleo“.
Die Zukunft gehört dem Rad
BS-Live!: Muss man „Fahrrad-verrückt“ sein, um ADFC-ler zu sein oder zu werden?
Andrea Lehne: Ich sage ganz klar nein. Vielmehr geht es darum, wie wichtig den Einzelnen eine zukunftsgerechte Stadtentwicklung ist. Menschen, die sich für das Fahrradfahren allgemein begeistern sind bei uns genauso willkommen, wie Menschen, die sich für Themen rund ums Rad interessieren. Denn das Fahrrad bringt uns alle nach vorne, es geht uns alle etwas an – und umso erfreulicher ist es für den ADFC, wenn es uns gelingt aus diesem Interesse eine Mitgliedschaft entwickeln zu können.
Natürlich können bei uns auch Fahrradbegeisterte ohne Mitgliedschaft mitmachen. Schon den ADFC-Gründern ging es um die Sache und sie haben sich ehrenamtlich engagiert. Rund neun Prozent der ADFC-Mitglieder bringen sich in der Freizeit ehrenamtlich beim ADFC ein.
BS-Live!: Aus welchen Mitgliedern setzt sich der Verein zusammen?
Susanne Schroth: Es sind viele verschiedene Berufsgruppen vertreten: Rentner, Männer und Frauen in ausgewogenem Verhältnis, ich würde mir noch mehr U40-jährige wünschen und Jugendliche sowieso!
BS-Live!: Welche Vorteile habe ich als Mitglied?
Andrea Lehne: Als Mitglied im ADFC BS habe ich die Unterstützung einer großen Interessenvertretung für Fahrradfahrer*innen. Die Mitglieder sind rechtsschutz- und haftpflichtversichert bei privater Nutzung des Fahrrades, öffentlicher Verkehrsmittel oder zu Fuß. Sie sparen 50% bei der Codierung der Fahrräder. Neumitglieder erhalten die Erstcodierung kostenlos. Darüber hinaus erhalten ADFC-Mitglieder seit dem 1.1.2016 die ADFC-Pannenhilfe.
BS-Live!: Welche Rolle spielt der ADFC für die Mobilität der Region?
Susanne Schroth: Der ADFC hat in der Region viele Gliederungen und das ist gut so! Dadurch können wir uns auch in der Region für die Belange der Radfahrer konsequent einsetzen.
BS-Live!: Was sind die sichtbarsten Entwicklungen und Trends in den letzten vier Jahrzehnten? Carsharing? E-Bikes?
Susanne Schroth: Da kann ich wieder einige aufzählen: die Diskussionen um die Verkehrswende, die Wahrnehmung des Fahrrades als gleichberechtigtes Verkehrsmittel; die Entwicklung der Pedelecs, Lastenräder und der Transport von Kindern mit Fahrradanhänger. In diesen Bereichen hat sich viel getan und tut sich aktuell viel, erfreulicherweise im Sinne der Zweiräder.
BS-Live!: Wie bewerten Sie den allgemeinen Fahrrad-Boom besonders in den letzten Jahren?
Susanne Schroth: Als sehr hilfreich für die Verbesserung der Situation und der Wahrnehmung der Radfahrer im täglichen Straßenverkehr.
BS-Live!: Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Region? Bzw. was wünschen Sie sich von Region für Ihren Verein?
Susanne Schroth: Da haben wir einen ganz konkreten Wunsch: nämlich, dass ein Radverkehrskonzept für die Region in Abstimmung mit den Radfahrverbänden und unter Bürgerbeteiligung erstellt wird.
Wie wird Ihrer Meinung nach Mobilität in der Region in 15 Jahren aussehen?
Susanne Schroth und Andrea Lehne: Der Verkehrsraum in den Städten ist umverteilt; die Bewohner*innen der ländlichen Regionen haben Mobilitätsmöglichkeiten, die sie heute noch nicht haben; die Städte sind lebens- und liebenswert; die Kinder können wieder auf der Straße spielen und ohne Ängste Fahrrad fahren; der öffentliche Raum ist wieder ein Treffpunkt für alle.
Vielen Dank für das Interview
Ein Beitrag von Kathrin Rieck für BS-Live!