Kenny kriegt die Krise - Sommerpausenkrise
Kenny kriegt die Krise - Sommerpausenkrise
Eigentlich erhält der deutsche Sommer sein Krisenpotential immer ausschließlich aus der allgemeinen Wetterlage. Von wegen allgemein. Entweder es ist zu heiß (Klimawandel, alle nur noch Bahn fahren bitte!) oder es regnet (bei Allen am Rhein läuft der Keller voll) oder es ist irgendwie anders, nur nicht "Normal".
Der Irak Krieg fordert immer noch täglich dutzende Tote, der Milchpreis ist skandalös gestiegen, Mercedes hat wohl doch bei Ferrari spioniert, Gülcan und Basti haben geheiratet, Lafontaine und Gisy prophezeien den sozialen Niedergang des Abendlands, die lustigen Musikanten werden abgesetzt (womit dann endgültig auch der kulturelle Niedergang des Abendlands besiegelt wäre), meine Oma feiert ihren 95 (in Worten: fünfundneunzigsten!) Geburtstag, Lukas, seine Freunde und alle anderen Lokführer streiken, in Griechenland brennt der Baum, Maddie wird immer noch vermisst, der kleine geile Potter verzaubert die Transformer, die Bayern schocken die Bundesliga und Lorenzo sieht schon fast aus wie eine Frau (Zitat:"Ich könnte mich glatt in mich selbst verlieben" wird er dann jetzt zur Lesbe? Da hätte er auch gleich ein Kerl bleiben können ?!).
All diese wichtigen und weltbewegenden Dinge fanden in diesem Jahr keinen Platz in den Top Ten der mich am meisten bewegenden Ereignisse, denn die lieben Menschen, die ich Freunde nennen darf, zu großen Teilen in etwa in meinem biblischen Alter (Jesus wurde ja nur 33), hat eine schöne uralte Tradition wiederentdeckt: Heiraten und Kinder kriegen.
Wer tatsächlich noch ernsthaft befürchtet, die Deutschen könnten aussterben, dem sei Folgendes gesagt: in den letzten acht Monaten gab es in meinem Freundeskreis, Familie zähle ich da jetzt einfach mal dazu, obwohl man diese Bekanntschaften auch öfter gern mal leugnet, sage und schreibe 12 Neugeborene, ein volles Dutzend also!
Da zufällig die Lebensgefährtin meines Chefredakteurs ebenfalls gerade heftig damit beschäftigt ist die Frucht seiner Lenden auszutragen, werde ich mir die üblichen Gags über frisch verheiratete und frisch fortgepflanzte Pärchen (nachzuschauen und lesen bei der gesammelten Standardriege deutscher "Quatsch Comedians"), auch im Interesse einer weiterhin unzensierten Veröffentlichung, an dieser Stelle sparen.
Selbige funktionieren auch lange nicht so lässig und "aus der Hüfte"- sarkastisch wenn Mann, anders als beispielsweise "Frollein" Herrmanns, in nicht allzu unabsehbarer Zeit selber von dieser Entwicklung eingeholt zu werden droht.
Sie sagt: "Ist das Baby nicht süß?!".
Sie meint: "Lass uns auch eins machen!"
An dieser Stelle eine erklärende Zwischennote. Früher war ich der festen Überzeugung, Kinder seien so ziemlich das Letzte wovon die Welt noch mehr braucht. Man müsste sogar ein ziemlich sadistisches Dreckstück sein, um auf die Idee zu kommen noch ein weiteres, kleines, unschuldiges Wesen auf diesem, einst schönen und nun doch schon so versauten, Planeten seinem Schicksal zu überlassen.
Mittlerweile bin ich da etwas moderater. Ich glaube zwar immer noch nicht, dass die Menschheit zu retten ist, der extreme Erfindungsreichtum unserer Spezies auf dem Gebiet die allergrößten Sünden an Mutter Natur, und den damit unwiderruflichen Untergang, dann aber doch wieder durch einen wahnwitzigen monetären Aufwand, der den Ablasshandel der katholischen Kirche in etwa wie die das Sparschwein eines Fünfjährigen aussehen ließe, so zu prolongieren, dass es tatsächlich noch zwei oder sogar drei Generationen hier auf dem blauen Planeten packen könnten. Ich darf also resümieren, und damit wiederholt sich die Geschichte unserer Vorväter, die Rente äh, die Erde ist sicher! Die nächste Generation wird"s schon richten.
Für meinen Teil werde ich also meine Einstellung noch einmal überdenken und der Baby- Sache eine Chance geben. Ein wenig dauern wird es damit allerdings wohl noch, denn immerhin habe ich in diesem Jahr noch drei Hochzeiten, die dazugehörigen Junggesellenabschiede, Polterabende, Taufen und am Ende vielleicht sogar noch die eine oder anderer Beerdigung zu besuchen.
Da man Sonntagskinder nicht unter der Woche hinbekommt, wird es mit der nötigen Zeit, ordentlich deutsch und in aller Ruhe erfolgreich zu Zeugen, also wahrscheinlich etwas knapp.
Doch 2008 ist ja auch noch ein Jahr und wenn durch das Einstampfen der Normalbenzinsäulen nur noch teureres Superduperformeleinsbenzin zu kriegen ist, kann man sich ja eh nicht mehr leisten aus dem Haus zu gehen, da müssen dann eben alternative Unterhaltungsformen, bzw. auch mal die Freundin herhalten. Ich fand es auch immer schon äußerst lästig, am Ende eines 180 Sachen schnellen Sechs- Stunden- Sonntags auf der A7, die vielen toten Fliegen wieder vom Bullenfänger meines Hummer2 abkratzen zu müssen.
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)