Kenny kriegt die Krise - Silvestererfahrungen
Kenny kriegt die Krise
Das Leben ist eines der Härtesten und Kenny kennt sie alle.
Die erste erwähnenswerte Krise des glorreichen Jahres 2005 bahnte sich eigentlich bereits einige Stunden vor Jahresbeginn an. Wenn einer Deiner besten Freunde das Angebot Deine Wohnung für eine kleine Sylvesterparty zu nutzen als Einladung für ein Destruction-Derby versteht, könnte man den Jahresanfang bereits als ziemlich suboptimal einstufen. Denke ich. Besonderes Unverständnis weckte in mir die Tatsache, dass besagter Freund selber, eher einer der Vertreter ist, die Leute beim betreten seiner eigenen Wohnung zunächst zum Ablegen des Schuhwerks und sofort darauf zum überstreifen einer Teppichboden schonenden Filzpantoffel nötigt. Vollkommen verflogen schien jener urdeutscher Ordnungs- und Sauberkeitstrieb, als eben jener, mit dem schönsten Al Pacino "ja, ich bin es: Lucifer" Grinsen, Knallbonbons, Luftschlangen und widerliche Sprühwürmer in der Gegend verteilend durch meine Behausung tobte. In meiner unendlichen Güte und Gemütssänfte ließ ich ihn gewähren, wozu eine schöne und nun vor allem auch lustige (den lustig wird es immer wenn anderer Leute Eigentum dabei draufgeht) Feier mit meinen spießbürgerlichen Attitüden aus dem "Even Flow" zu reißen.
Später am Abend, so spekulierte ich, sollte es schließlich auch noch für mich die Gelegenheit geben, anderer Leute Eigentum der traditionellen "Böllerprüfung" zu unterziehen und so meinem angestauten Frust etwas Luft zu verschaffen. Hierzu sollte es letztendlich nicht mehr kommen, da der Alkoholpegel, unterstützt von einer Elefantendosis Adrenalin angesichts der fortschreitenden Verwüstung meiner Unterkunft, gegen Mitternacht bereits absoluten Jahreshöchststand erreicht hatte, der neben dem Verlust der Muttersprache auch eine gewisse Tollpatschigkeit im Umgang mit Explosivkörpern mit sich brachte. Verantwortungsvollere Partyteilnehmer taten mir und dem diensthabenden Chirurgen in der Unfallklinik also schließlich den Gefallen, mir den Schinken Chinaböller aus den Händen zu reißen und gegen eine weitere Flasche Sekt einzutauschen.
Den Rest des Abends könnte man mit einer rauschenden Ballnacht vergleichen, gesetzt den Fall man könne sich denn daran erinnern. Wie meistens fand ich auch dieses Mal, trotz widrigster Umstände den sicheren Weg in mein eigenes Bett. Bis hierher war also alles im grünen Bereich. Der Anblick der sich mir am nächsten Morgen (also Neujahr, 17.00 Uhr) in meiner Wohnung bot, ließ mich neben meinem enormen Kater allerdings noch zusätzlich und unnötig weiterleiden. Knietief watete ich durch Berge von Konfetti, Muffinkrümeln, Zigarettenkippen, Antipastiresten, Luftschlangen, leeren Alkoholbehältnissen und mal ganz, mal nicht ganz so leeren Chipstüten und Plastikbechern in Richtung Rettung versprechender Dusche.
Oh, Frohes, frohes Neues Jahr.
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)