Kenny kriegt die Krise - Schluchtenkrise Teil 1
Kenny kriegt die Krise - Schluchtenkrise
Servus, Grüzi und Hallo Skisaison. Mit allem was wir so an Dir lieben. Stau auf der A9, Stau am Fernpaß, Stau im Paznauntal. Schlange stehen am Gondellift, Schlange stehen am Sessellift, Schlange stehen für Spaghetti auf der Skihütte. Dazwischen überfüllte Pisten mit jeder Menge übermäßig alkoholisierten Alltagslangweilern, die einmal im Jahr so richtig schön den Ringelschwanz rauslassen. Als Pistensau, die grundsätzlich weit schneller fahren muss als die eigenen Fähigkeiten es eigentlich erlauben, und als Charakterschwein beim Après Ski, wo der schüchterne Versicherungskaufmann seltsamerweise mit seiner Verhüterli- Mütze und drei Promille auf dem Kessel, im Spiegel zum Brad Pitt der Alpen mutiert.
Doch auch die Damen erleben nach dem zehnten "Flügerl" (Red Bull mit rotem Vodka, Anm. d. Autors) eine seltsame Metamorphose vom Kleinstadt- Blondchen zum auf den Biertischen strippenden Revuestar. Alles nur der Alkohol? Die dünne Luft? Abfärben der inzestösen Umgebung? Alles möglich, erklärt jedoch nicht die eklatante Textsicherheit bei sämtlichen Dummschlagern zwischen Micki Krause und den Alpenrammlern. Sicher, wenn man die Dinger siebzig mal in einer Woche hört, kennt jeder irgendwann den Text, sind ja auch nicht gerade die kompliziertesten literarischen Ergüsse, die da so auf die bemitleidenswerten Gehörgänge losgelassen werden. Alles freiwillig mitzusingen liegt aber nichtsdestotrotz, immer noch im Bereich des freien Willens und wer sich dessen strafbar macht hat in meinen Augen keinerlei Anrecht auf Pardon. Das gilt durchaus auch für meine eigene Person, die ich hin- und wieder beim mitwippen ertappe und in einer Art psychedelischen Out-of-Body- Erfahrung plötzlich in ein castingshowähnliches Fremdschämen verfalle.
Eine gesunde Selbsteinschätzung ist meines Erachtens der einzig wahre Weg zum Weltfrieden. Hätten Hitler, Mussolini, Stalin und Konsorten sich doch bloß selber als die armen gestörten Kleingeister erkannt, die sie waren... Dieter Bohlen, der in seiner Branche in etwa mit soviel Toleranz und Feingefühl sein Unwesen treibt, wie die oben genannten Herren, kann man immerhin nicht vorwerfen er würde sich selber völlig realitätsfern einschätzen. Er kokettiert sogar noch bei Zeiten damit, sein gesamtes Vermögen damit gemacht zu haben, immer und immer wieder dasselbe Lied zu verkaufen. Dumm ist nicht derjenige, der in der Wüste einen Sandgroßhandel aufmacht, sondern der, der ihm den Sand abkauft. Ursache und Wirkung. Wenn Dieter sagt Du bist ein Star, dann wirst Du (zumindest) bekannt und keiner holt Dich da raus.
A propos Rausholen. Auch das kommt nicht nur in den entlegeneren Tälern zwischen Bayern und Südtirol häufiger vor. Der quantitative Schwerpunkt liegt hier bei Geld vor dem Tresen und primären Geschlechtsmerkmalen darauf. Irgendwie scheint das verschwomme Selbstbild dazu zu führen, allen Anwesenden überdeutlich vor Augen führen zu wollen, warum man nicht auch zu Hause ständig den Hintern rausholt. Die faltigen Hängeärsche will eben einfach mal niemand sehen und in zivilisierten Ländern macht einem das die Security auch ziemlich schnell klar. Nicht so in Österreich. Ähnlich wie im siebzehnten Bundesland wird jede exhibitionistische Entgleisung hier mit kollektivem Jodeln, Grölen und gelegentlichen Nachahmern belohnt. Einmal Trendsetter sein, welch ein Egotrip. Schade nur, dass die besten Kumpels, deren Vorschlag es überhaupt gewesen war, mal schön eine Runde blank zu ziehen, alles gestochen scharf auf Digicam festhalten um es nach Rückkehr in die Heimat direkt am schwarzen Brett und über den internen Emailverteiler der Firma zu publizieren.
Der Beitrag zur Belustigung der Kollegen daheim, ist allerdings noch das wertvollste Ergebnis des einwöchigen Alpenexzesses. Nicht so der volkswirtschaftliche Schaden, durch die ärztlich verordnete zweiwöchige Erholungspause danach, um die Leber zu reanimieren. Oder das dringend eforderliche Neuanlernen aller im Beruf langjährig ausgeübten Tätigkeiten, der mehrmaligen konsequenten Hirnformatierung auf der Hütte geschuldet. Und zu guter letzt, die Behandlung des Herpes und sonstiger chronischer Geschlechtskrankheiten auf Kasse. Am Ende ein Spass für die ganze Familie. Ich kann es kaum erwarten, dass die Saison vorbei ist. Dann können wir endlich wieder alle... nach Malle! Sorry für den Schüttelreim.
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)