Kenny kriegt die Krise - Katerkrise
Kenny kriegt die Krise
Immer wieder sonntags, das gleiche traurige Schauspiel. Nach einer weiteren sinnlos durchzechten Nacht kommt man am frühen Nachmittag langsam wieder zu Bewusstsein. Das Erste was man nach einer kurzen Orientierungsphase, in der man zunächst feststellt ob man auch tatsächlich im eigenen Bett liegt, bemerkt, ist die Tatsache, dass irgendjemand heimlich in der Nacht einen dicken Veloursteppich verlegt hat. Auf der meiner Zunge. Langsam aber sicher muss ich mich dazu durchringen aus dem Bett zu rollen und zum Kühlschrank zu wanken. Auf dem Weg in die Küche wird mir schnell klar dass da wahrscheinlich noch eine Menge Restalkohol im Spiel sein muss. Entweder das, oder meine Wohnung ist bereits ganz früh am morgen mit mir in See gestochen. Die rettende Flasche eiskaltes, stilles Wasser ist bereits in Sicht, mit dem ersten Zug rückt direkt das nächstdringende Bedürfnis in den Vordergrund und ich begebe mich ins Weißgekachelte. Anderthalb Liter Wasser rein und raus später entscheide ich mich doch noch einmal für zwei weitere Stunden Matratzenhorchdienst. Nun ist auch wieder Appetit da. Erstaunlich wie lange die, mit zwei Schichten extra Käse und scharfen Peperoni belegte Tiefkühlpizza, die ich mir um sechs Uhr morgens einverleibt hatte, meinen Heißhunger in Schach halten konnte. Doch das ist nun Geschichte. Der Magen knurrt wie ein Grizzly bei dessen Baby man einen Nasenring zu piercen versucht. Aufgrund meiner leider immer noch stark eingeschränkten motorischen Fähigkeiten entscheide ich mich schließlich, trotz halber Stunde Wartezeit, für den China-Bringdienst. Und den Croque-Bringdienst. Und eine halbe Tiefkühlpizza um die Wartezeit zu überbrücken. Zweieinhalb Stunden und circa sechstausend Kalorien später freue ich mich auf den 20 Uhr Film. Es gibt irgendeinen Scheiß mit Adam Sandler, dem wahrscheinlich unwitzigsten Vollidioten den ganz Hollywood zu bieten hat, aber immer noch besser als der Julia Roberts Film auf RTL. So was bringt mich jedes Mal zum heulen. Postalkoholische Rührseligkeit, in Bier müssen doch Östrogene sein! Der Höhepunkt meines Tages folgt um kurz nach zehn auf Kabel 1. Die achthundertdreiundsiebzigste Wiederholung von Dirty Harry. Ich hab sie natürlich alle gesehen, dieser Film wird einfach nie schlechter, besonders nicht wenn man alle Dialoge mitspricht. Das gilt grundsätzlich für alle Clint Eastwood Filme außer "Die Brücken am Fluss". Nur eine Frau konnte sich diesen Dreck ausdenken. Hab ihn trotzdem angeschaut und geheult. Postalkoholisch. Was will man machen.
Wenn man circa vierzehn Stunden Schlaf auf dem Buckel hat, fällt es nicht ganz leicht ins Bett zu gehen, auch wenn der Körper verzweifelt Zaunpfähle schwenkt um Regeneration zu erpressen. Ich biete ihm Waffenstillstand an und würge die Boa. Weil ich immer noch nicht so recht müde bin sehe ich mir die Spätwiederholung des Julia Roberts Films an und weine ein bisschen. Schon traurig die ganzen Krebskranken, was mich an letzte Nacht erinnert und die Packung französischer Lungenbrötchen, die ich so sorglos vernichtet habe. Halb vier. Das Fernsehprogramm bietet nur noch sehr wenige Höhepunkte, mal abgesehen von den Sexy Clips auf DSF (mittendrin statt nur dabei, hehe). Leider kenne ich die schon alle auswendig und so entscheide ich mich dann doch für das Bett. Natürlich erst nachdem ich noch schnell Mails checke und ein bisschen auf meinen Lieblings Sinnfrei-Seiten gesurft bin. Und so klingt das erholsame Wochenende langsam aus. Morgen ist Montag und ich darf dann, Gott sei Dank, endlich wieder zur Arbeit.
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)