Kenny kriegt die Krise - Computermesse
Kenny kriegt die Krise
Computermesse
Für so ziemlich jede spezialisierte Branche, sei es in der Fleischerei, dem Backgewerbe, der Werbung oder der Waffenschieberei, gibt es viele mehr oder wenige darauf zutreffende Klischees. So sind Bank- und Versicherungsangestellte zumeist langweilige Sesselpuper, Werbe- und Marketingtreibende sind überhebliche, dummschwätzende Geldverbrenner, Automechaniker und Friseurinnnen naja, und so weiter und so fort. Die Breite Masse ist sich dennoch eigentlich darüber im Klaren, dass ein Klischee eben immer nur ein Klischee bleibt, und die inhaltlichen Aussagen im Wahrheitsgehalt meist nur hauchdünn über dem einer Regierungsantrittsrede liegen.
Es gibt aber eine Branche, die mit tödlicher Sicherheit jedes einzelne Vorurteil über seine Angehörigen mit liebevoller Hingabe bestätigt, und das jedes Jahr immer wieder von neuem. Denn wenn Flaschenbodenbrillenträger und Atari-Tshirt Anbeter ins Herz Niedersachsens pilgern wie im Winter die Schwalben nach Süden, dann ist es wieder soweit: Computermesse!
Die CeBit gilt schon seit jeher als der gottgegebene Ort für den real existierenden Binary-ismus. Nerds aller Länder vereinigt Euch! Das Land in dem Nullen und Einsen fliessen. Wo Bits und Bytes das Laufen lernten. Homepage sweet Homepage.
Gerechterweise sollte man erwähnen, dass auch der Computerfreak an sich, eine drastische Evolution hinter sich gebracht hat. Beispielsweise hat die Entdeckung des Alkohols einiges an Abwechslung gebracht. Rausch dank Standparty rangiert in IT Kreisen mittlerweile sehr hoch im Kurs und weil alleine trinken keinen Spaß macht hat noch eine Erfindung Ihren Siegeszug durch die heiligen Messehallen angetreten. Die Hostess.
An und für sich nennt die Messe-Hostess, ähnlich wie die Beleuchtung der Innenseite eines Computergehäuses, keine wirkliche Funktion ihr Eigen. Sie ist lediglich (von Fall zu Fall mehr oder weniger) schön anzuschauen, und rechtfertigt somit ihre Existenz ausschließlich in reinem Selbstzweck. Klingt kompliziert, aber das trifft auch auf die deutsche Steuergesetzgebung zu, und mit ähnlicher Ohnmacht sind wir eben verdammt beiden zu begegnen.
Neben dem offensichtlichen Unnutzen für alle Aufgaben außerhalb von "Rumstehen und Lächeln" über "Getränke reichen und Lächeln" bis hin zu "Auf Englisch grüssen und Lächeln" hat die Hostess jedoch in Verbindung mit vorhin genannter Lieblingsbeschäftigung des Nerds (von Lan-Parties mal abgesehen), erheblich an Bedeutung gewonnen. Wie Mann weiß, ist trinken ohne dazugehörigen Augenschmaus auf Dauer eher langweilig, da sich aber Personen ohne Y-Chromosom selten bis nie freiwillig auf einer Computermesse sehen lassen würden, kommt hier die wahre und bedeutungsschwangere Rolle der Messe-Hostess zum tragen: "Lächeln auf der Standparty"!
Das Ansehen einer Firma bei der Konkurrenz und den Business-Partnern hängt im Wesentlichen von zwei Dingen ab. Wer spendiert den meisten Alkohol und wo sind die schöneren Frauen (das gilt im Übrigen nicht nur auf der CeBit -> siehe z.B. "Weihnachtsfeier" oder auch "Klausurtagung").
Die gelungene Kombination aus beidem kann einem Unternehmen mittlerer Größe durchaus den Aufstieg in die Big League der Global Players ermöglichen. Übersetzung: jede Menge Überschuss erwirtschaften, in dem man von dem Geschäftspartner aus Japan jede Menge Aufträge erpresst. Probates Druckmittel dabei ist eine Digital- oder wahlweise Polaroidaufnahme, die Ihn promillegeschwängert, ausgelassen an den Microsoftstand pinkelnd zeigt, ein Akt der unsauberen Konkurrenzschmähung, der Ihm bei bekannt werden in seinem Heimatland zweifellos nichts anderes als Harakiri einbringen dürfte.
Solche und ähnliche Geschäftsmethoden sind vielleicht nicht die feine Englische, aber Hey, die Zeiten sind hart und wer erfolgreich sein will muss sich von Zeit zu Zeit eben mal ein bitchen durchbyten ;)
Fortsetzung folgt
Text: Hendrik Menz (hendrik@menzmusic.com)